Region Hannover/ Hannover-List. Die Aufnahme geflüchteter Kinder und Jugendlicher aus der Ukraine in den Schulen bringt aufgrund der sprachlichen Barrieren und der kulturellen wie gesellschaftlichen Unterschiede viele Herausforderungen mit sich. Um die Kommunikationsmöglichkeiten zwischen Schüler*innen, Lehrkräften und Eltern sicherzustellen und damit eine Zusammenarbeit zu ermöglichen, haben 20 ukrainisch und/oder russischsprachige Hannover*innen eine Qualifizierung für Interkulturelle Bildungsassistent*innen der Landeshauptstadt Hannover absolviert. Eine dieser Bildungsassistent*innen ist Marina R., die seit Ende Oktober 2022 an den Schulen Ricarda-Huch-Gymnasium, Grundschule Comeniusschule und Grundschule Bonifatiusschule für das Kreisjugendwerk der AWO Region Hannover in diesem Rahmen tätig ist.
Marina R. ist 41 Jahre alt, zweifache Mutter, wurde in Russland geboren und lebt seit fast 15 Jahren in Deutschland. Seit dem Beginn des Krieges in der Ukraine engagiert sie sich in der Flüchtlingsarbeit, wo sie durch ihre Sprachkenntnisse in Russisch, Ukrainisch und Englisch sowie ihre eigene Migrationsgeschichte schnell Kontakt zu geflüchteten Personen aufbauen konnte. Insbesondere die Arbeit mit den Familien habe ihr besonders Spaß gemacht, betont Marina R., die eigentlich eine naturwissenschaftliche Grundausbildung hat. Im Sommer vergangenen Jahres hat sie eine Zeitlang als Familienbegleiterin für das Kreisjugendwerk in Flüchtlingsunterkünften gearbeitet und daran anschließend die Tätigkeit als Interkulturelle Bildungsassistenz übernommen.
Insgesamt besuchen seit Frühjahr 2022 inzwischen knapp 30 geflüchtete Kinder und Jugendliche diese drei Schulstandorte. Entsprechend der Anzahl der Schüler*innen je Standort teilt Marina R. ihre insgesamt 20 Wochenstunden auf alle drei Schulen auf, um die Schüler*innen im Alltag zu begleiten und zu unterstützen. Sie ist Ansprechpartnerin für Kinder, Eltern und Lehrkräfte bei Konfliktsituationen, Verständigungsschwierigkeiten aber auch administrativen und organisatorischen Fragen im Schulalltag. Zu ihren weiteren Aufgaben gehört die Übersetzung von Informationsschreiben oder bei Elterngesprächen. Durch die Begleitung der Kinder und Jugendlichen in ihrem Schulalltag hilft sie neben der reinen Übersetzung von Unterrichtsinhalten auch bei dem Erwerb von Kenntnissen zu Abläufen, Traditionen und Gepflogenheiten in der Schule, aber auch grundsätzlich in Deutschland. Bei einem weiterführenden Beratungs- und Unterstützungsbedarf der Familien erfolgt zudem eine Vermittlung an russisch- und ukrainischsprachige Anlaufstellen.
„Die Kinder und Familien haben unzählige Fragen, wenn sie in Deutschland ankommen, auch mit Blick auf den Schulbesuch der Kinder“, berichtet Anja Meyer, Geschäftsführerin des Kreisjugendwerks. Viele Abläufe seien neu und von außen schwer nachvollziehbar, sodass eine Unterstützung in der eigenen Sprache dankbar angenommen werde. „Marina R. ist ein Bindeglied zu den Kindern und Eltern“, erklärt Katharina Freimann, Schulleiterin der Bonifatiusschule. Dank ihrer Arbeit, seien die Kinder gut integriert. Das bestätigt auch die Schulleiterin der Comeniusschule Ulrike Petri-Stolz: „Sie ist eine unschätzbare Hilfe an unserer Schule.“
Im Rahmen der Kooperation zwischen den drei Schulen im Stadtteil List, der Landeshauptstadt Hannover und dem Kreisjugendwerk werden regelmäßig die Fragestellungen und Bedürfnisse der ukrainischen Kinder und Jugendlichen, der Familien sowie der pädagogischen Fachkräfte an diesen Schulen reflektiert, um eine bedarfsgerechte Gestaltung der Angebote sicherzustellen. „Unsere Schulen liegen nahe beieinander – wir regeln hier alles auf kurzem Wege“, freuen sich die Schulleiterinnen.
Die Interkulturelle Bildungsassistenz an Schulen wird von der Landeshauptstadt Hannover finanziert. Bislang konnten noch nicht für alle geplanten Schulstandorte geeignete Personen gefunden werden. Das Kreisjugendwerk beschäftigt derzeit zwei Interkulturelle Bildungsassistentinnen. „Die zweite, Natalia André, ist eingesetzt an der IGS Kronsberg, aber es laufen bereits Gespräch für drei weitere Schulstandorte“, wie Meyer erklärt.
Text & Fotos: Gaby Kujawa/AWO