Region Hannover/ Hannover-Linden. „Bei den kleineren Kindern gab es erst Berührungsängste, aber schon am zweiten Tag hatten alle Kinder viel Spaß und tobten im Wasser“, berichtet Beate Kopmann, Leiterin der AWO Familienbildung. Gemeint sind die insgesamt 16 Roma-Kinder, die derzeit in der der AWO Welle, dem Schwimmbad der AWO Region Hannover in der Stärkestraße in Hannover-Linden, schwimmen lernen. Die AWO bietet zwei kostenlose Schwimmkurse für Kinder aus Roma-Familien an, die in den beiden Unterkünften in der Podbielskistraße und in der Alten Peiner Heerstraße leben. Die Finanzierung der Kurse hat die Ricarda und Udo Niedergerke Stiftung aus Hannover übernommen.
„Hintergrund sind die vielen tödlichen Badeunfälle von Menschen mit Migrationshintergrund – rund 80 Prozent von ihnen können nicht schwimmen und besonders hoch ist der Anteil der Nichtschwimmer bei den Roma-Familien“, erklärt Gabriele Schuppe AWO Fachbereichsleiterin Qualifizierung, Bildung und Teilhabe. Schuppe erinnert an die beiden Roma-Jungen, die im März dieses Jahres im Laher Teich in Hannover auf tragische Weise um Leben gekommen sind, weil sie nicht schwimmen konnten. Viele Kinder der in der Obdachlosenunterkunft in der Alten Peiner Heerstraße lebenden Roma-Familien hätten bisher nicht schwimmen gelernt – ebenso wie ihre Eltern. „Wir wollen mit der Finanzierung dieser Schwimmkurse einen Impuls geben – dauerhaft muss die Stadt die Finanzierung solcher Kurse übernehmen. Die Kinder dürfen nicht abgehängt werden“, betont Udo Niedergerke. Die Eltern dieser Kinder können sich laut Schuppe einen Schwimmkurs nicht leisten – auch nicht mit dem Aktivpass der Stadt Hannover. „Der Eigenanteil ist zu hoch.“
Die Niedergerke Stiftung hatte bereits im vergangenen Jahr eine Woche Ferienprogramm für Roma-Kinder finanziert, ebenfalls von der AWO Familienbildung organisiert. „Als wir das erste Mal gesehen haben, wie die Roma in den Containern leben, waren wir entsetzt. Das war unmenschlich. Zum Glück ist eine neue Unterkunft für sie gebaut worden, deren Standort immer noch ungünstig ist und zur Isolation führt“, so Niedergerke. Deshalb sei es auch schwer gewesen, den Transport der Teilnehmer/innen ins entfernte Hannover-Linden zu organisieren, kritisiert Schuppe. Die AWO habe deshalb einen Fahrdienst organisiert – die Kinder werden zum Bad gebracht und auch wieder zurückgefahren.
Alle Kinder der beiden Kurse sind im Grundschulalter. Erschwerend komme für Eltern mit Kindern im Alter von sechs bis acht Jahren hinzu, dass wegen der Corona-Pandemie die Bäder monatelang geschlossen waren und der Schwimmunterricht ausfiel. Jetzt gebe es großen Nachholbedarf. „Wir haben sehr lange Wartelisten für unsere Kurse“, berichtet Schuppe.
Für die beiden Kurse sind jeweils 10 Termine à eine Stunde angesetzt. Die Kinder werden von einer Honorarkraft angeleitet. Die Kosten betragen insgesamt 2552 Euro. „Darin ist auch die Badekleidung enthalten“, erläutert Ricarda Niedergerke. Die Kinder erhalten nach Beendigung des Kurses ein Abzeichen. Wer von ihnen das „Seepferdchen“ noch nicht schafft, bekommt ein Froschabzeichen.
Text: Christian Degener/AWO, Fotos: Christian Degener/AWO (2) und Nancy Heusel (1)
Die beiden Schwimmkurse finden in der AWO Welle in der Stärkestraße in Linden statt.
Honorarkraft Matthias Noll leitet die Kinder an.
Ricarda (links) und Udo Niedergerke finanzieren die Schwimmkurse über ihre Stiftung. AWO Fachbereichsleiterin Gabriele Schuppe freute sich über die Zusammenarbeit.