Region Hannover/ Langenhagen-Schulenburg. Wenn eine Frau aus dem Frauenhaus auszieht, hat sie in der Regel das Schlimmste hinter sich: Sie hat sich aus gewalttätigen Zusammenhängen befreit und möchte einen Neustart. Dennoch brauchen einige der Frauen noch weitere Hilfe auf dem Weg zurück in ein eigenständiges Leben – die AWO Region Hannover bietet diese Unterstützung jetzt seit mehr als drei Jahren in Form des Übergangswohnens in Schulenburg an. „Das Übergangswohnen hat sich bewährt. Es ist ein wichtiger Baustein im Gesamtkonzept der Region Hannover zum Schutz von Frauen“, lautet das positive Fazit von Ute Vesper, der Fachbereichsleiterin Frauen bei der AWO Region Hannover. Das Angebot ist für Frauen und Kinder vorgesehen, die keinen anonymen und geschützten Frauenhausplatz mehr benötigen und vorher in einem der Frauenhäuser in der Region Hannover einen Platz gefunden hatten. Derzeit sind alle sieben Wohnungen belegt, berichtet Johanna Laura Lillak, die die Einrichtung seit kurzem gemeinsam mit ihrer ebenfalls neuen Kollegin Milena Kreutz betreut. „Es gibt mehr Nachfragen als Plätze.“
Die Frauen leben in abschließbaren Wohnungen entweder allein oder mit ihren Kindern. Derzeit sind acht Kinder in der Einrichtung untergebracht, maximal können es 16 sein. Ziel ist es, dass die Frauen nach einigen Monaten – maximal nach einem Jahr – eine Wohnung finden und wieder eigenständig leben können. „Sie befinden sich noch immer in einer emotional aufgewühlten Situation: Nach allem, was sie durchgemacht haben, überwiege meist die Freude, ein eigenes und selbstbestimmtes Leben in einer eigenen Wohnung beginnen zu können. Diese Vorfreude mischt sich auch mit der Gewissheit, das Übergangswohnen in absehbarer Zeit für eine eigene Wohnung zu verlassen, berichtet Lillak. Im Frauenhaus wurden sie rund um die Uhr von Mitarbeiterinnen unterstützt, die jederzeit ansprechbar waren – deshalb sei es wichtig, den Umzug in das Übergangswohnen gut und stabilisierend zu gestalten. „Unser Übergangswohnen soll den Weg in ein selbstständiges und selbstbestimmtes Leben ebnen“, betont Lillak. Über das, was die Frauen in ihrer gewalttätigen Beziehung erlebt haben, sprechen die beiden Sozialarbeiterinnen auf den eigenen Wunsch mit ihnen. „Wir würden unsere Bewohnerinnen niemals von selbst auf ihre Gewalterfahrungen ansprechen, schließlich könnten wir Wunden aufreißen. Wir sind keine Psychotherapeutinnen oder Trauma-Therapeutinnen.“ Manche der Bewohnerinnen haben oder machen gerade eine Therapie – für andere beginne der Verarbeitungsprozess auch erst. „Für unsere Bewohnerinnen steht die Neuorientierung im Fokus – sie brauchen eine Wohnung und wenn möglich einen Job“, erklärt Lillak.
Im Übergangswohnen bieten die beiden AWO Mitarbeiterinnen von Montag bis Freitag Unterstützung an. Die Frauen können, je nach Bedarf, Hilfe erhalten – beim Ausfüllen von Anträgen beispielsweise zum Beziehen von Sozialleistungen, bei der Gestaltung und Strukturierung des Alltags, bei der Organisation der Kinderbetreuung und bei anderen Fragen. „Unser Job ist es, sie bei allen Fragen des täglichen Lebens zu unterstützen und sie zu bestärken. Sie wollen eigenständig und selbstbestimmt leben und können das hier erproben“, betont Lillak. Viele der Frauen seien lange Zeit von ihrem Partner abhängig gewesen, weil ihre Partner das so wollten – sie haben sie mit dieser Abhängigkeit an sich gebunden. „Einige der Frauen haben beispielsweise noch nie allein das Haus verlassen oder sind allein Bahn gefahren. Manche können nicht mit einem Computer umgehen oder eine Mail schreiben“, berichtet Lillak.
Probleme gebe es nach wie vor bei der Wohnungssuche. Der Wohnungsmarkt in der Region sei weiter sehr angespannt. „Eine alleinerziehende Mutter mit Kindern hat es besonders schwer – das erleben wir immer wieder.“ Dennoch ist Lillak optimistisch: „Die Frauen haben sich für ein neues Leben entschieden – und dieses beginnt jetzt.“
Text & Foto: Christian Degener/AWO