Region Hannover/ Langenhagen-Schulenburg. Die meisten Frauen haben das Schlimmste hinter sich, wenn sie aus dem Frauenhaus ausziehen: Die Beziehung zum gewalttätigen Ex-Partner ist beendet und sie haben Stabilität gefunden. Dennoch brauchen einige von ihnen noch Unterstützung, um ihr Leben neu zu beginnen. Diese Unterstützung finden sie im Übergangswohnen der AWO Region Hannover in Schulenburg. „Unsere Bewohnerinnen brauchen noch Hilfe auf dem Weg in die Selbstständigkeit“, berichtete Ute Vesper, Fachbereichsleiterin Frauen bei der AWO Region Hannover, den Mitgliedern der SPD-Regionsfraktion, die die Einrichtung gestern besucht haben. Die SPD-Politiker, die der Sozial-AG und der Gleichstellungs-AG angehören, sind derzeit in der Region Hannover unterwegs und schauen sich verschiedene Einrichtungen an.
Vesper zog gleich zu Beginn des Gesprächs eine positive Bilanz: „Das Übergangswohnen gibt es jetzt seit eineinhalb Jahren und hat sich bewährt. Es ist ein wichtiger Baustein im Gesamtkonzept der Region Hannover zum Schutz von Frauen“. Die Region habe damals schnell auf die Nöte der Frauen reagiert und das Konzept Übergangswohnen umgesetzt, lobte die Fachbereichsleiterin.
„Unser Job ist es, den Frauen zu helfen und sie zu bestärken. Sie sollen eigenständig und selbstbestimmte leben und können das hier erproben“, erklärte AWO Mitarbeiterin Regina Bühler, die die Bewohnerinnen gemeinsam mit ihrer Kollegin Julia Lüning betreut. Viele der Frauen haben Kinder und seien lange Zeit von ihrem Partner abhängig gewesen. „Für uns ist das vielleicht unvorstellbar, aber einige der Frauen haben noch nie allein das Haus verlassen oder sind allein Bahn gefahren. Manche können nicht mit einem Computer umgehen und eine Mail schreiben“, berichtete Lydia Pfeiffer, Leiterin der Einrichtung. Einige der Bewohnerinnen hätten sogenannte multiple Problemlagen und bräuchten psychosoziale Betreuung.
Die Frauen werden von den beiden AWO Mitarbeiterinnen von Montag bis Freitag betreut. Sie erhalten Hilfe beim Ausfüllen von Anträgen beispielsweise zum Beziehen von Sozialleistungen, bei der Suche nach einem Job oder einer Wohnung, bei der Gestaltung und Strukturierung des Alltags, bei der Organisation der Kinderbetreuung oder bei anderen wichtigen Dingen des Lebens. „Es ist schön, die Fortschritte zu beobachten. Die Frauen sind stolz, wenn sie immer selbstständiger werden – es stärkt ihr Selbstvertrauen“, so Bühler. „Und im Haus entstehen unter den Frauen Freundschaften, die über die Dauer des Übergangswohnens hinaus bestehen bleiben. Das ist ein besonderer Erfolgsfaktor, weil die Frauen sich gegenseitig gut unterstützen.“
Ob es denn auch Rückfälle gibt, wollte der SPD-Regionspolitiker Walter Zychlinski wissen. „Ja, leider, es gibt Frauen, die zu ihrem gewalttätigen Ex-Partner zurückkehren, aber das ist hier die Ausnahme“, sagte Pfeiffer. Die Täter suchten meist nach einigen Wochen oder Monaten nicht mehr nach ihren Ex-Partnerinnen, während sie anonym im Frauenhaus untergebracht sind, wo der Ex-Partner sie nicht finden kann. Woran das liegt, darüber könne man nur spekulieren. „Aus den Augen, aus dem Sinn, könnte man sagen. Viele der Täter verlieren zum Glück einfach das Interesse, sind im Gefängnis oder leben nicht mehr hier “, so Pfeiffer.
Die sieben möblierten Wohnungen des Übergangswohnens, die jeweils eine Küche und ein Bad haben, sind immer belegt. Die Aufenthaltsdauer beträgt zwischen drei und zwölf Monaten, erschwert werde der Auszug derzeit von der schlechten Lage auf dem Wohnungsmarkt. „Es fehlen einfach bezahlbare Wohnungen in Hannover“, sagte Pfeiffer. Corona habe dazu geführt, dass Besichtigungstermine ausgefallen sind und sich die Wohnungsnot verschärft habe. Außerdem fehle es an Kinderbetreuung. „In Langenhagen gibt es einfach nicht ausreichend Kita-Plätze. Die Wartezeit ist zu lang – wenn eine unserer Bewohnerinnen einen Platz für ihr Kind bekommt, muss sie meist schon wieder hier ausziehen“, erklärte Pfeiffer.
Gibt es weitere Wüsche an die Politik?, wollte Elke Zach, die sozialpolitische Sprecherin der SPD-Regionsfraktion am Ende des Gesprächs wissen. Vesper und Pfeiffer nannten neben dem Wunsch nach Kinderbetreuung in Form von Kita-Plätzen zwei: bezahlbaren Wohnraum und ein weiteres Frauenhaus in der Region Hannover. „Am besten eins nach dem Vorbild des holländischen Oranje Huis: Ein Frauenhaus, dessen Standort bekannt ist, das bestehende soziale Kontakte ermöglicht, und Schutz durch die Öffentlichkeit in Verbindung mit sicherheitstechnischer Ausstattung gewährleistet“, so Vesper.