21 Prozent aller Kinder in Deutschland leben in Armutsverhältnissen. In der Region Hannover beziehen rund ein Viertel der Familien Sozialleistungen nach Hartz IV. Kommt es zur Überschuldung übertragen sich die Sorgen und Probleme der Eltern auch auf die Kinder.
Deshalb heißt die zentrale Forderung der 21. bundesweiten Aktionswoche der Schuldnerberatung vom 25. bis 29. Mai „Chancenlose Kinder? Gutes Aufwachsen trotz Überschuldung!“.
„Überschuldung von Familien trifft oft auch die Kinder. Sie spüren, wenn ihre Familie in finanzieller Not ist. Oft gibt es dann angespannte Situationen. Die Eltern sind gereizt, weil sie sich stetig um die wirtschaftlichen Probleme kümmern müssen und ihren Kindern nicht die gleichen Teilhabemöglichkeiten wie andere unverschuldete Familien bieten können und die Kinder merken dieses auch sehr schnell und fühlen sich schuldig und mitverantwortlich. Langfristig haben Kinder aus armen Familien immer noch schlechtere Entwicklungschancen als Kinder aus unbelasteten Haushalten. Das muss sich ändern“, sagt Burkhard Teuber, Vorsitzender des Vorstandes der AWO Region Hannover.
In der Aktionswoche stellen Schuldnerberater von Diakonie, Caritas und AWO Kinder in überschuldeten Familien in den Mittelpunkt, denn sie haben das Recht auf eine von Schuldenproblemen unbelastete Kindheit und Jugend sowie gute Startbedingungen für ihre Zukunft.
„Es ist wichtig, dass wir gerade jetzt auf das Thema aufmerksam machen,“ erklärt Rainer Müller-Brandes, Diakoniepastor und Geschäftsführer des Diakonischen Werkes Hannover, „Überschuldung kann Eltern schnell überfordern. Kinder spüren dies ebenso und leiden darunter. Die aktuellen Einschränkungen erschweren die Situation zusätzlich. Für Alleinerziehende ist der Alltag oft noch schwerer zu bewältigen. Hier ist Hilfe und Beratung gefragt.“
„Familien, die in finanziell in Not geraten sind, brauchen professionelle Unterstützung,“ fordert Andreas Schubert, Vorstand des Caritasverbandes. „Das gilt in Zeiten von Corona mehr denn je. Schulden belasten die ganze Familie und Bildungschancen und Schulerfolg dürfen nicht abhängig sein vom Geldbeutel der Eltern.“
Um den Kindern Zukunftsperspektiven zu bieten hat die Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände (AG SBV) ein Forderungspapier zur Aktionswoche erstellt. Der Plan erläutert, was notwendig ist, um gutes Aufwachsen trotz Überschuldung zu ermöglichen. Die Forderungen heißen „Grundlegende finanzielle Absicherung von Kindern“, also transparente und nachvollziehbare finanzielle Hilfen und Regelungen. Zudem sollte sich der Regelsatz für Kinder den kindlichen Entwicklungsphasen anpassen. Eine weitere Forderung betrifft den „Gleichklang von Sozialrecht und Zwangsvollstreckungsrecht“ zum Beispiel für Patchwork-Familien, die den gleichen Schutz wie andere Familien benötigen.
Wichtig sei ebenso eine „Finanzielle Allgemeinbildung von klein auf“, indem Kinder den Umgang mit Geld erlernen können, sowie das „Recht auf Schuldnerberatung für alle“. Um Kinder von Schuldnern gezielt unterstützen zu können und um zu vermeiden, dass diese unter der Überschuldung ihrer Eltern leiden, brauche es einen Rechtsanspruch auf Schuldnerberatung für alle Hilfesuchenden. Der letzte Punkt betrifft „Schuldenfrei in die Volljährigkeit“, in dem eine Verschuldung durch Rückforderungsbescheide gegen Minderjährige gar nicht erst möglich sei. Die von den Wohlfahrts- und Fachverbänden durchgeführte Aktionswoche der Schuldnerberatung findet mit wechselnden Themenschwerpunkten jedes Jahr bundesweit statt.