Region Hannover/Hannover-Vahrenheide. „Ok, lasst uns mit einer Rolle anfangen“, sagt Trainer Daniel Deppe und fragt in die Runde, wer anfangen möchte. Sechs Jungen und ein Mädchen im Alter von drei bis fünf Jahren und Erzieherin India Springer haben sich an diesem Vormittag im Bewegungsraum der AWO Kita Dunantstraße versammelt, in dem überall Sportmatten ausgelegt sind. Erwartungsvoll sehen sie Deppe an, der Trainer beim Studio „Kenpokan“ aus Hannover ist, das unter anderem Fitness, Crosstraining und Kampfsport anbietet. Einer der Jungen meldet sich und will anfangen – er ist drei Jahre alt und braucht noch ein wenig Hilfestellung von Deppe, bis er sich über die Schulter abrollen kann. Geschafft – nach diesem kleinen Überschlag läuft er freudestrahlend zu den anderen zurück. Jetzt wollen alle die Rolle probieren.
Nächste Übung: Die anderen von der Matte drängen und dabei natürlich selbst auf der Matte bleiben. Behutsam versuchen die Kinder, sich gegenseitig zu schieben. „Ihr könnt das ruhig etwas kräftiger machen“, weist Deppe an. Nach ein paar Versuchen klappt es. Dann steht Ringen an. „Habt Ihr schon mal von Judo gehört? Ihr müsst euren Partner auf die Matte legen“, sagt Erzieherin Springer. „Aber nicht schlagen oder ähnliches – damit könnt Ihr die anderen verletzen, erklärt Deppe. Die Kinder sind wieder sehr behutsam – die ersten Versuche sehen nach Umarmungen aus. „Und jetzt wieder mit ein bisschen mehr Kraft“, ruft der Trainer. Als das erste Kind auf die gut gepolsterte Matte fällt, ist Deppe zufrieden: „Gut gemacht“.
„Raufen, ringen und bewegen“ – unter diesem Motto steht das neue Projekt, erklärt Kitaleiter Jonas Flasbart. „Wir haben uns dafür entschieden, weil es die Themen Bewegung und Miteinander vereint“. Er und sein Team haben in den vergangenen Monaten festgestellt, dass die Kinder einen starken Drang nach Bewegung haben – auch verstärkt durch die Corona-Pandemie. „Deshalb versuchen wir, verschiedene Angebote zu organisieren und das ist eins davon“, so Flasbart.
Gegenseitiges Kräftemessen gehöre bei den Kindern zum Alltag – wichtig sei, dass es Regeln und Grenzen gibt. „Die Kinder sollen gegenseitigen Respekt lernen – sie sollen lernen, die Grenzen der anderen zu akzeptieren und ihre eigenen abzustecken. Sie müssen Signalwörter wie ‚Nein‘ und ‚Stopp‘ erst lernen“, so der Kitaleiter. Kinder in diesem Alter können noch gar nicht abschätzen, ob sie andere verletzen können, weiß auch Trainer Deppe. Dafür will er sie sensibilisieren – und sie sollen ein Gefühl für ihren Körper bekommen und lernen, wie man sich beispielsweise verletzungsfrei abrollen kann.
Ein weiteres Ziel sei es, das Selbstvertrauen der Kinder zu stärken, besonders von Kindern, die sonst eher zurückhaltend sind. „Wir schauen immer vorab, wie wir die Gruppen zusammenstellen können und fragen dann die Kinder, ob sie mitmachen wollen. Wichtig ist uns, dass das Angebot freiwillig ist und im Laufe der Zeit alle Kinder teilnehmen können“, so Flasbarth. Das Projekt, das die Kita über ihre Erschwerniszulage finanziert, stoße auf gute Resonanz bei den Kindern, Eltern, und pädagogischen Fachkräften. Das Projekt läuft vorerst bis Ende Juli, die AWO Kita will es aber fortsetzen.
Fotos & Text: Christian Degener