Region Hannover/ Barsinghausen. In den ersten Monaten dieses Jahres haben mehr Frauen die Hilfsangebote der AWO Frauenberatungsstelle Barsinghausen in Anspruch genommen als im Vorjahreszeitraum. „Im abgelaufenen Quartal waren 24 Frauen erstmalig bei uns und wir haben insgesamt 68 Beratungen durchgeführt“, berichtet AWO Frauenberaterin Anne Vogt. Im gesamten Jahr 2020 wurden 38 Frauen in insgesamt 121 Gesprächen beraten. Die Einrichtung der AWO Region Hannover hatte im Januar 2020 eröffnet, kurz danach begann die Corona-Pandemie, die zu Einschränkungen führte. Der Beratungsbedarf sei dennoch konstant hoch gewesen in den Monaten der Pandemie – deshalb wird Vogt jeden Mittwoch von einer Mitarbeiterin der AWO Koordinierungs- und Beratungsstelle gegen Häusliche Gewalt in Hannover unterstützt.
Die Probleme der ratsuchenden Frauen seien vielfältig. „Durch die Corona-Pandemie haben sich Entwicklungen wie familiäre oder berufliche Überforderungen verstärkt“, so Vogt. Zu den häufigen Themen gehörten Trennung, Scheidung und häusliche Gewalt. So sei beispielsweise eine Frau in die Beratungsstelle gekommen, die seit Jahren unter der psychischen Gewalt ihres Mannes litt. „Er beleidigte und beschimpfte sie ständig, machte ihr Vorwürfe und gab ihr für alles die Schuld. Außerdem kontrollierte er sie und verbot ihr den Kontakt zu ihrer Familie und Freunden“, berichtet Vogt. Durch die langjährige psychische Gewalt sei die Frau psychisch erkrankt. In der Beratung habe sie über alles sprechen können und sie sei bestärkt worden, was ihr Erleichterung gebracht habe. Außerdem erhielt sie eine Rechtsberatung zum Thema Scheidung und bekam das Angebot, an einer Scheidungs-Gesprächsgruppe teilzunehmen. Vogt unterstützte sie bei der Suche nach einer Wohnung und beim Umgang mit den Behörden. „Jetzt kann sie wieder ein eigenständiges Leben ohne Gewalt führen – das ist ein toller Erfolg“, betont Vogt. Auch Einsamkeit sei ein häufiges Motiv, warum sich Frauen in den vergangenen Monaten an die AWO Beratungsstelle gewandt haben. Eine Frau habe sich, vermittelt durch ihren Arzt, Hilfe gesucht, weil sie in der Corona-Zeit keinerlei Kontakte hatte und alles ausgefallen war, was ihr Spaß machte. Die Folge: Depression. „Wir haben gemeinsam nach Möglichkeiten und Tätigkeiten gesucht, die ihr Freude bereiten – das hat gut geklappt“, so Vogt. Außerdem hat sie ihr einen Einkaufsdienst organisiert, bei Behördenangelegenheiten unterstützt und bei der Suche nach Selbsthilfegruppen geholfen.
Die AWO Frauenberatungsstelle steht allen Frauen offen. Die Beratungen sind vertraulich, anonym und kostenfrei. Auch Angehörige, Nachbarn und Fachkräfte können die Beratung in Anspruch nehmen. „Wir kooperieren mit den regionalen Facheinrichtungen und der Gleichstellungsbeauftragten vor Ort und vermitteln auch weitergehende Hilfsangebote“, betont Vogt.
Zum Hintergrund:
Die AWO Frauenberatungsstelle wird von der Stadt Barsinghausen und der Region Hannover gefördert. Sprechzeiten sind dienstags von 14 bis 18 Uhr, donnerstags von 11 bis 17 Uhr und freitags von 9 bis 12.30 Uhr sowie nach telefonischer Vereinbarung unter 05105 6613550. Jeden letzten Montag im Monat findet außerdem eine kostenlose Rechtsberatung statt: Rechtsanwältin Angelika Schwarz berät Frauen, die noch in keiner rechtlichen Vertretung sind, zu familienrechtlichen Aspekten. Eine telefonische Anmeldung ist erforderlich.
Text & Foto: Christian Degener/AWO