Mehr als 38 Jahre bei der AWO und davon 26 Jahre in der Kita und Familienzentrum Elmstraße – die langjährige Kita-Leiterin Heitmann hat sich jetzt in den Ruhestand verabschiedet. „Meine Idee war es eigentlich, alle zwölf Jahre etwas anderes zu machen und dann ist es doch ganz anders gekommen.“
Anfang Mai 1980 hatte Kirstin Heitmann ein Vorstellungsgespräch bei der AWO. Danach ging alles sehr schnell: Am 1. Juni 1980 hat sie die Leitung der AWO Kita Burgwedeler Straße im Stadtteil Bothfeld übernommen. „Morgens aus Hamburg angereist, wusste ich noch nicht, wo ich abends schlafen sollte“, erinnert sich Heitmann. Die ersten Wochen habe sie dann erst einmal im Emmy-Lanzke-Haus gewohnt. Die gebürtige Hamburgerin hatte in Hamburg ihre Erzieherinnenausbildung abgeschlossen, in Lüneburg in einem therapeutischen Kinderkurheim gearbeitet, war zwischendurch in Afrika unterwegs und studierte anschließend in Hildesheim Sozialpädagogik. Während des Studiums habe sie so viele Menschen aus Hannover und der Region kennengelernt, dass sie sich gut vorstellen konnte, in Hannover zu arbeiten, berichtet Heitmann: „Eine Freundin von mir arbeitete damals schon bei der AWO.“ Und so habe sie sich auch dort beworben.
„In der Kita Burgwedeler Straße bin ich dann mit einer Einrichtung, die vor dem Sanierungsbeginn stand, gleich ins kalte Wasser gesprungen.“ Nach zwölf Jahren – am 1. September 1992 wechselte Kirstin Heitmann in die Kita Elmstraße, die sie bis zu ihrem Abschied 26 Jahre geleitet hat. „Ohne Kollegen kann Leitung gar nichts“, erklärt Heitmann dabei: „Wir sind ein Team und gucken gemeinsam über den Tellerrand.“ Nach diesem Prinzip habe sie in den Jahren immer verfahren und gehandelt.
In der Kita Elmstraße lag der Migrationsanteil der Kinder 1992 bei circa 50 Prozent. „Für damalige Verhältnisse war das sehr hoch“, sagt Heitmann. Jetzt liege er bei circa 90 Prozent. Der Stadtteil Sahlkamp ist geprägt durch komplexe Problemlagen -Großwohnsiedlungen, Plattenbauten, hohe Arbeitslosigkeit, hoher Migrantenanteil. Viele Familien sind sozial benachteiligt. Sie haben wenig Geld, unzureichende Kleidung, Essen und Teilhabe. Und hier begann auch Heitmanns jahrelanger Einsatz gegen Armut. Seit 1997 nimmt die Kindertagesstätte Elmstraße, als sogenannte Brennpunkt-Kita, an der bundesweiten AWO ISS-Studie teil – eine Langzeitstudie zu Lebenslagen und Lebenschancen bei Kindern und Jugendlichen des Frankfurter Instituts für Sozialarbeit und Sozialpädagogik im Auftrag der Arbeiterwohlfahrt. Von 16 Familien werden seitdem Daten zu ihrer Lebenssituation anonym erhoben. Die Studie befindet sich mittlerweile in der fünften Phase. Heitmann: „Die teilnehmenden Kinder von damals sind heute durchschnittlich 25 Jahre alt.“ Heitmann freut sich, wenn sie hört, dass ehemalige Kita-Kinder zum Beispiel ihr Abitur an der im Stadtteil ansässigen Herschelschule gemacht haben.
Die Arbeit an der ISS-Studie ist zu einem Schwerpunktthema im Laufe ihres Arbeitslebens geworfen. Armut sei eine Lebenslage und habe Konsequenzen, wenn Kinder nicht zu anderen Kindergeburtstagen gehen können, wenn sie selber keine Kinder einladen können oder wenn sie sich für ihre Eltern schämen, so Heitmann. „Wir wollen mit unserer Arbeit erreichen, dass die Kinder Teilhabe und Chancengleichheit erleben. Als Familienzentrum können wir den Kindern und Familien ein umfangreiches Leistungsspektrum anbieten und haben die Eltern mit im Boot.“ Mit den Eltern werde partnerschaftlich und auf Augenhöhe ausgerichtet zusammengearbeitet. „Wir sind ein Sandkorn im Getriebe für den weiteren Lebensweg der Kinder und oft auch der Familien“, betont Heitmann. Wichtig sei es, die Menschen zu binden, dass sie Wurzeln fassen, dass die Eltern gerne in die Einrichtung kommen.
Die intensive Mitarbeit an der ISS-Studie hatte Folgen: Bei der AWO Region Hannover wurde die Arbeitsgemeinschaft Armut gebildet und Heitmann war als Fachfrau im Stadtteil und auch bundesweit für Vorträge und Seminare zum Umgang mit Armut gefragt. Heitmann engagiert sich auf allen Ebenen mit dem Thema. Sie ist Mitglied im Bezirks- und Integrationsrat im Stadtteil, kooperiert mit anderen Schulen und Institutionen und hält einen regelmäßigen Austausch. Sie hat sich stark gemacht für Sprachförderung und mehr Kitaplätze. Öffentlichkeitsarbeit sei da ein ganz wichtiges Mittel, betont sie.
Auch für die Zukunft bleibt Kirstin Heitmann dem Stadtbezirk erhalten. Sie will sich weiter gegen Kinderarmut engagieren. Aber erst einmal gönnt sie sich eine Auszeit: „Ich will zur Ruhe kommen und mich sortieren.“ Mitte September begibt sie sich auf den Jakobsweg.