Region Hannover/ Hannover-List. Dass Kinder einmal pro Tag ein warmes Essen bekommen, sollte eigentlich selbstverständlich sein. Ist es aber nicht – viele Familien in Hannover haben so wenig Geld, dass sie Unterstützung brauchen. Und die Corona-Pandemie hat die Situation verschärft. Der Kinder- und Jugendtreff Wellenbrecher des Kreisjugendwerks (KJW) der AWO Region Hannover in der Gorch-Fock-Straße gibt deshalb jetzt täglich Mittagessen an Kinder aus einkommensschwachen Familien im Quartier aus, deren Familien über das Bildungs- und Teilhabepaket (BuT) gefördert werden. „Normalerweise würden diese Kinder ein warmes Essen in der Schule bekommen, doch da sie gerade coronabedingt ausfällt, braucht es einen Ersatz“, sagt Jürgen Ostertag, Geschäftsführer des KJW.
Hinzu komme, dass die Lebensmittelspenden derzeit ebenfalls ausfallen. „Viele Familien sind auf diese Strukturen angewiesen – brechen sie weg, brauchen sie eine andere Hilfe“, ergänzt Lara Wiechmann, die Leiterin der Einrichtung, die auch für die Essensausgabe zuständig ist. Rund 16 Kinder aus dem Quartier nehmen diese Möglichkeit wahr und holen sich dort täglich ihr warmes Essen ab. Manche gleich vier, fünf oder sechs Essen – für ihre Geschwister Zuhause. Es gibt Spaghetti, Pfannkuchen oder eine Gemüsepfanne – der Caterer sorgt für Abwechslung. Auch ein kleiner Salat, ein wenig Obst und Desserts gehören zum Menü. Das Essen wird in Aluschalen in Warmhalteboxen geliefert – die Kinder haben ein Zeitfenster, in dem sie es abholen. Ihre Eltern können das Essen über einen längeren Zeitraum vorbestellen. „Zuerst war das nicht möglich, aber wir haben das mit den zuständigen Stellen besprochen“, erklärt Ostertag.
Kein Schulbesuch, kein warmes Essen – diesen Zusammenhang dürfe es nicht geben, waren sich die drei Kommunalpolitiker/innen der SPD einig, die sich jetzt vor Ort über die Essensausgabe informiert haben: Christopher Finck, jugendpolitischer Sprecher der SPD im Stadtrat, Adis Ahmetovic, Vorsitzender des SPD-Stadtverbandes und Irma Walkling-Stehmann, Bezirksbürgermeisterin von Vahrenwald-List. Ostertag und Wiechmann führten die Vertreter aus der Politik durch die Einrichtung, die derzeit wegen Corona geschlossen ist und maximal Einzelgespräche mit Kindern Und Jugendlichen anbieten kann, um ihnen zum Beispiel bei den Hausaufgaben zu helfen.
Laut aktuellem Sozialbericht der Stadt Hannover lebt jede/r vierte Minderjährige in einem einkommensarmen Haushalt (27,2 Prozent), berichtet Finck. Die Corona-Pandemie habe die Lage vieler Familien verschärft. „Noch stärker als in normalen Zeiten sind Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft gefordert, alles dafür zu tun, dass Kinder aus Familien mit geringem Einkommen nicht zu den größten Verlierern der Corona-Pandemie werden. Die Möglichkeiten zur Unterstützung sollten voll ausnutzt werden“, betont er. Kinder und Jugendliche müssten auch ein Mittagessen bekommen, so lange die Schulen und Kitas geschlossen sind. Der Vorstoß der Jugendeinrichtung Wellenbrecher sollte seiner Ansicht nach Schule in Hannover machen.
Neben dem KJW bietet auch der Jugendtreff Hainholz des DRK Mittagessen für Kinder an, vermittelt durch den Regions- und Stadtjugendring. Finck will sich dafür einsetzen, dass möglichst viele Einrichtungen der offenen Kinder und Jugendarbeit in Hannover folgen. „Auch wenn hier vor allem die Servicestelle BuT der Region Hannover gefordert ist – die Kooperation zwischen der Stadt und der Region muss weiter optimiert werden“, so Finck. Sein Parteikollege Ahmetovic zeigte sich beeindruckt vom Engagement des AWO Kreisjugendwerks in der Gorch-Fock-Straße. „Das Team leistet gerade in Zeiten von Corona wirklich Großes für die Kinder und Jugendlichen in diesem Quartier.“
Text & Foto: Christian Degener/AWO
Lara Wiechmann, Leiterin der KJW Einrichtung Wellenbrecher, und Praktikantin Marie Tripke bei der Essensausgabe.
Besuchten den Kinder- und Jugendtreff Wellenbrecher des Kreisjugendwerks der AWO: Christopher Finck (2. von rechts), jugendpolitischer Sprecher der SPD im Stadtrat, Adis Ahmetovic (2.v.l.), Vorsitzender des SPD-Stadtverbandes und Irma Walkling-Stehmann, Bezirksbürgermeisterin von Vahrenwald-List (3.v.l.). Empfangen wurden sie von Jürgen Ostertag, Geschäftsführer des KJW der AWO (rechts), Einrichtungsleiterin Lara Wiechmann und Mitarbeiter Kohdar Nafkosh (links).