Hannover. Am 13. Dezember 1919 rief die Sozialdemokratin Marie Juchacz den „Hauptausschuss für Arbeiterwohlfahrt“ in der SPD ins Leben und gründete damit die Arbeiterwohlfahrt (AWO). In diesem Jahr feiert die Organisation ihr 100-jähriges Bestehen und der AWO Bezirksverband Hannover und die AWO Region Hannover machen mit zahlreichen Aktionen und Veranstaltungen auf das Leitbild, die Ziele und die Arbeit der AWO aufmerksam. Das Motto: „Echt AWO. Seit 1919. Erfahrung für die Zukunft“. „Seit unserer Gründung sind wir eine Gemeinschaft, deren Mitglieder für soziale Gerechtigkeit und sozialen Fortschritt eintreten“, sagte Yasmin Fahimi, Präsidentin des AWO Bezirksverbandes Hannover, heute (Montag) bei einem gemeinsamen Pressegespräch mit dem AWO Bezirksverband in Hannover. „Solidarität, Toleranz, Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit sind die Werte der Arbeiterwohlfahrt – damals wie heute. Sie bilden das Fundament unserer Arbeit.“
Die AWO wurde 1919 mit dem Ziel gegründet, der Not vorzubeugen, Wohlfahrtsleistungen zu verbessern und moderne sozialpädagogische Methoden anzuwenden – die öffentliche „Armenpflege“ der Kaiserzeit sollte schrittweise durch eine moderne Fürsorgegesetzgebung überwunden werden. Heute ist die AWO ein unabhängiger Spitzenverband der freien Wohlfahrtspflege mit Arbeitsfeldern wie Kindertagesstätten, Altenpflege, Familienhilfe, Kureinrichtungen, Sozialpsychiatrie und vielem mehr. Fahimi ist überzeugt, dass die Motive der Gründungszeit 1919 nichts an Aktualität verloren haben: „Dem Ziel einer sozial gerechteren Gesellschaft verpflichten wir uns heute, genau wie vor knapp 100 Jahren.“ Als einer der fünf großen Wohlfahrtsverbände wolle sich die AWO weiterhin sozialpolitisch für Veränderungen in der Gesellschaft einsetzen. „Für die AWO ist 2019 ein bedeutsames Jahr. Das 100. Jubiläum macht uns besonders deutlich, wie sehr wir heute wie damals dafür eintreten müssen, unseren Kindern eine gute Zukunft zu schaffen und allen Mitmenschen ein soziales Umfeld, in dem wir frei, gleich, gerecht, tolerant und solidarisch miteinander umgehen, so wie es im Leitbild der AWO verankert ist“, betonte Dr. Silke Lesemann, SPD-Landtagsabgeordnete und Vorsitzende der AWO Region Hannover.
Ein solches Jubiläum sei ein geeigneter Zeitpunkt für einen Rück- und Ausblick, so Lesemann. Seit ihrer Gründung habe die AWO ein breites Angebot an sozialen Dienstleistungen und Beratungsangeboten in der Region Hannover geschaffen – die ersten bereits 1924. Von den mittlerweile 60 Tageseinrichtungen für Kinder mit Kindergärten, Krippen, Horten, Familienzentren und Ganztagsschulen des AWO Bezirks und der AWO Region über die Frauenberatung und die Arbeit mit Menschen mit Migrationsgeschichte bis hin zu Angeboten für Jugendliche und Senioren – die AWO Region Hannover halte in nahezu allen sozialen Bereichen Angebote für Menschen unterschiedlichen Alters und Herkunft bereit. Derzeit seien es fast 200 Einrichtungen und Dienste in den Bereichen Erziehung, Bildung, Gesundheit, Beratung, Pflege und psychosoziale Hilfen. Zu den vielen Meilensteinen in der Geschichte der AWO in Hannover gehöre beispielsweise das im Jahr 1967 eröffnete ehemalige „Emmy-Lanzke-Haus“ – ein Wohnhaus für alleinerziehende Mütter, die gesellschaftlichen und familiären Diskriminierungen ausgesetzt waren und die erste Einrichtung für Kinder unter einem Jahr in der Dunantstraße. Damals sei die AWO der einzige Träger gewesen, der Kinder unter einem Jahr betreut hat. „Die Bewohnerinnen des Emmy-Lanzke-Haus konnten ihre Kinder in eine Krippe, Kindergarten oder Hort geben und dadurch ihre Schulausbildung fortsetzen oder eine Ausbildung beginnen“, so Burkhard Teuber, Geschäftsführer der AWO Region Hannover. Heute ist es eine Einrichtung für Alleinerziehende im Carré Spierenweg. Im Juni 2000 nahm die AWO mit dem „Misburger Regenbogenschiff“ das erste Familienzentrum in Hannover in Betrieb. „Das Konzept Familienzentrum wurde von der Stadt Hannover übernommen und ist mittlerweile eine hannoversche Erfolgsgeschichte“, betonte der AWO-Geschäftsführer.
Die Gesellschaft wandle sich stetig – gerade die AWO sei als bundesweit organisierter Verband geeignet, aktuelle soziale Themen aufzugreifen und für Veränderungen zu sorgen. Dies gelte sowohl in der politischen als auch in der täglichen Arbeit. „Die AWO wird sich auch künftig dort einsetzen, wo die Menschen Unterstützung und Hilfe benötigen – im Mittelpunkt steht dabei die gesellschaftliche Teilhabe“, so Fahimi zur zukünftigen Ausrichtung des Verbandes. Zu den Schwerpunkten in Hannover werden die Jugend- und Kinderarbeit, die Migrationsarbeit und die Betreuung und Begleitung von Seniorinnen und Senioren, die Pflege kranker und alter Menschen und der Ausbau der Beratungsdienste gehören“, ergänzte Teuber. Man werde als sozialer Verband auch in Zukunft lokal arbeiten und handeln, neue Formen der sozialen Dienstleistungen entwickeln und neue soziale Tätigkeitsfelder bedienen, beispielsweise im Bereich Gesundheit und Seniorenarbeit, so Teuber. Die AWO sei dabei vielfältig und breit aufgestellt, gut vernetzt und habe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die die Werte der AWO leben. „Wichtig ist hierbei in Zukunft auch der Ausbau der Vernetzung und der Kooperation mit anderen sozialen Trägern, Vereinen oder der öffentlichen Hand“, sagte der AWO Geschäftsführer. Marco Brunotte, der Vorstandsvorsitzende des AWO Bezirksverbandes, betonte: „Wohlfahrt hat sich längt von der reinen Armenfürsorge wegbewegt und ist eine wichtige Stütze für das soziale Zusammenleben geworden.“ Der Bezirksverband Hannover vertrete als ein Spitzenverband der Freien Wohlfahrtspflege 18 Kreisverbände von Cuxhaven bis Göttingen und setze sich für die sozialpolitischen Interessen der Bürgerinnen und Bürger ein, die sich der AWO anvertrauen.
Besondere Schwerpunkte im Jahr 2019 sieht Brunotte in der Zukunft niedersächsischer Kindertagesstätten sowie dem Fachkräftebedarf, welcher die AWO sowohl im Bereich der Kindertagesstätten als auch in der Pflege besonders beschäftigt. Im Rahmen des politischen Schwerpunktes Kinderarmut werde sich der AWO Bezirksverband Hannover auch weiterhin für eine Kindergrundsicherung stark machen und die Lebensbedingungen für die jüngsten unserer Gesellschaft in den Fokus nehmen. Teuber wies außerdem darauf hin, dass die Sozialwirtschaft eine sehr schnell wachsende Branche ist. Mit der Region Hannover und den Kommunen vor Ort, allen voran der Landeshauptstadt Hannover, habe die AWO verlässliche Partner. „Wir können viel für die Gesellschaft leisten, wenn die Rahmenbedingungen auf allen föderalen Ebenen stimmen“, sagte Teuber. Von der Politik wünschen er und Marco Brunotte sich, dass sie bei neuen Angeboten darauf hinwirkt, die teilweise befristeten Projekte und Förderprogramme kontinuierlich zu finanzieren.
Ein Ausschnitt der Veranstaltungen und Aktionen „100 Jahre AWO“
Darüber hinaus planen die AWO Ortsvereine und Einrichtungen im Jubiläumsjahr viele kleine und große Veranstaltungen, Feste und Ausflüge.
Zum Hintergrund:
Die AWO Region Hannover ist ein Wohlfahrtsverband mit 40 Ortsvereinen mit etwa 5.400 Mitgliedern in der Region Hannover. Die AWO beschäftigt derzeit rund 1.700 Mitarbeitende und 800 Ehrenamtliche, die vielfältige soziale Arbeit in den Städten und Gemeinden leisten. Dazu gehören soziale Dienstleistungen in den Bereichen Erziehung, Bildung, Gesundheit, Beratung, Pflege und psychosoziale Hilfen.
Der AWO Bezirksverband Hannover ist nicht nur Spitzenverband für ca. 17.000 Mitglieder sowie weitere ca. 1.000 ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Ortsvereinen und 18 Kreisverbänden, sondern darüber hinaus in den Geschäftsfeldern Kindertagesstätten, Kureinrichtungen, Seniorenzentren, Gesundheitsdienste und Sozialpsychiatrie auch Arbeitgeber für ca. 2.300 hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Geschichtliche Entwicklung der Arbeiterwohlfahrt: Der Bezirk Hannover seit 1920
Im Oktober 1920 gründete sich der Bezirksausschuss der AWO Hannover – Braunschweig (Braunschweig gehörte bis 1922 zum Bezirk) und der Ortsausschuss der AWO Hannover. Friedrich Feldmann, Vorsitzender des SPD Bezirks Hannover-Braunschweig wurde 1. Vorsitzender der Arbeiterwohlfahrt. Die Arbeiterwohlfahrt war nicht unabhängig von der SPD, sondern Teil der Parteiorganisation. Mit der Arbeiterwohlfahrt wollte die SPD der unterdrückenden, menschenverachtenden, bürgerlichen Armenpflege der Kaiserzeit eine auf Hilfe zur Selbsthilfe aufbauende Wohlfahrtsorganisation entgegenstellen, die ihrem Klientel – der Arbeiterschaft – Menschenwürde und Selbstachtung wiedergeben sollte.
Frauenbewegung und Arbeiterwohlfahrt waren in diesen Jahren ein untrennbarer Begriff. Im Bezirk Hannover waren es Frauen wie: Emmy Lanzke, Minna Lubitz, Helene Simons, Martha Korell, Martha Wissmann oder Magarete Hofmann.
Mit den Reichsgesetzen für die Sozialhilfe und Jugendwohlfahrt 1924 wurde die auf Repressionen basierende Armenpflege von der „modernen” Wohlfahrtspflege abgelöst. In den 20iger Jahren erlebte der Bezirk Hannover seine Blütezeit.
Mit Beginn der 20iger Jahre entstanden Gemeinschaftsküchen und Nähstuben für die vom Elend betroffene Arbeiterschaft, es wurde gekocht und genäht für arme Familien. Eine Vielzahl von Beratungsstellen, Kinderbetreuung, die Kinderlandverschickung oder Kinderwanderungen wurden ins Leben gerufen beziehungsweise organisiert.
1927 eröffnete der Hauptausschuss der AWO im Bereich des Bezirkes Hannover in der Lüneburger Heide das Berufserziehungsheim „lmmenhof”, mit dem die AWO eine Fürsorgeerziehung schuf, die Modellcharakter hatte. Mädchen und junge Frauen, die keinen Halt und keinen Platz mehr in der Gesellschaft hatten, konnten hier zu emanzipierten, selbstbewussten Menschen heranwachsen. Die Mädchen wurden in allen damals wichtigen, frauenspezifischen Arbeitsfeldern ausgebildet: Kinderpflege, Haushaltsführung, Landwirtschaft und Gartenbau. Gleichzeitig diente der lmmenhof als Kindererholungsheim, so dass die Mädchen sozusagen am Objekt üben konnten.
1928: Sozialistische Fürsorgeerziehung machte auch eine besondere Art der Ausbildung von Fachpersonal notwendig. In Berlin gründete der Hauptausschuss der AWO eine eigene AWO-Wohlfahrtsschule mit staatlich anerkanntem Abschluss.
1945/46: Nach Kriegsende wurde die AWO in Hannover neu gegründet. Lotte Lemke erhielt vom Parteivorstand der SPD den Auftrag dazu. Die Gründungsversammlung des Bezirks Hannover fand bereits im Oktober/ November statt. Der Hauptausschuss der AWO konstituierte sich 1946 in Hannover. Im Nachkriegsdeutschland wird die AWO als selbstständige, parteipolitische und konfessionell unabhängige Organisation ins Leben gerufen. Hannover wurde der Sitz des Hauptausschusses bis 1952.
Bereits nach Einmarsch der Allierten kamen die ehrenamtlichen Mitglieder, Helferinnen und Helfer im Bezirk Hannover zusammen, um für Tausende von Flüchtlingen und Ausgebombten die erste lebensnotwendige Hilfe zu organisieren. Wie in der Zeit nach dem 1. Weltkrieg entstanden Gemeinschaftsküchen, Waschstuben, Nähstuben, wurden Kinderlandverschickungen sowie Kinder- und Säuglingsbetreuung organisiert. Die ehrenamtlichen Helferinnen (und Helfer) der AWO beteiligten sich an der aktiven Hilfe für notleidende Flüchtlinge. Insgesamt wurden acht Flüchtlingslager betreut.
Die AWO wurde in den Nachkriegsjahren überall in der Bundesrepublik zur tragenden Säule der freien Wohlfahrtspflege. Der Bezirksverband übernahm unter anderem das Kindererholungsheim auf Langeoog und das Kindererholungsheim Hohe Warte, das Mädchenwohnheim Ahlemer Turm, das Jungenwohnheim Waterlooplotz, das Kinderheim am Sehachtweg in Wolfsburg und das Heimkehrerkrankenhaus Fischerhof in Uelzen.
Für den Berichtszeitraum 1950/51 meldete der Bezirk Hannover an den Hauptausschuss:
• 36 Kreisausschüsse
• 660 Ortsausschüsse/ 73 Abteilungen in den sieben kreisfreien Städten
• 3267 ehrenamtliche Mitarbeiter
• 19240 Förderer
• 9 Hauptamtliche im Bezirk
• 20 hauptamtliche Kreisgeschäftsführer
• 221 Personen insgesamt fest angestellt
• 62 Nähstuben mit insgesamt 166 Nähmaschinen
• 21 Kindergärten
• Betreuung von 3710 Kindern in der örtlichen Erholungsfürsorge
• 2 Gemeindeschwesternstationen
• Heimkehrerkrankenhous Fischerhof, Uelzen
• Kindererholungsheim Hohe Worte, Egestorf/ Deister
• Kindererholungsheim Langeoog*
• Kinderheim Wolfsburg
• Jugendwohnheim für männliche Jugendliche, Hannover
• Lehrlingswohnheim für männliche Jugendliche, Hannover
• Lehrlingswohnheim für männliche Jugendlichen, Hildesheim
• Mädchenwohnheim Ahlemer Turm, bei Hannover
• Mädchenwohnheim Celle
• Berufserziehungsheim für heimat- und berufslose Jugendliche, Lüdersen/ Kreis Springe • Müttererholungsheim Altenau, Oberharz
• Entbindungs- und Säuglingsheim Bad Grund
• Altenheim Brockum, Kreis Diepholz
• Heim für Schwerbeschädigte, Hannover
• Heimkehrerwohnheime, Bemeroder Straße und Bothfelder Straße in Hannover
Bis 1958 kamen noch folgende Einrichtungen hinzu:
• Kindererholungsheim Lönsbruch, Hildesheim
• Kindererholungsheim Bad Pyrmont
• Kinder- und Jugenderholungsheim Schrappmühle, Aerzen* • Jugendwohnheim für weibliche Jugendliche, Uelzen
• Männerwohnheim Stöcken, Hannover
1950 übernahm der Hauptausschuss eine Baracke im Lager Friedland. 1957 eröffnete in Trägerschaft des Hauptausschusses das Kinderhaus in Friedland. 1963 ging die Trägerschaft für das Kinderhaus Friedland durch Schenkung an den Bezirksverband über. Auch die Flüchtlingsbetreuung wurde von nun an vom Bezirk Hannover organisiert.
1959 eröffnete das Altenheim Körtingsdorf. In den 60iger Jahren kamen Bungalows für ältere Ehepaare dazu. Weitere Altenheime, Altenwohnungen, Kindertagesstätten, Kurheime und schließlich 1973 das Nephrologische Zentrum in Niedersachsen (NZN) in Hannoversch-Münden folgten. Die bis dahin sehr erfolgreiche arbeitende Transplantationsklinik musste bedauerlicherweise durch die Insolvenz der AWO Gesundheitsdienste im Jahr 2015 verkauft werden.
Bis Ende 1973 folgten die Einrichtungen:
• Müttergenesungsheim Bad Grund
• Erholungsheim Schießhaus Solling
• Altenheim Kirchrode, Hannover *
• Altenheim Himmelsthür, Hildesheim* • 25 Altenwohnungen Körtingsdorf*
• 25 Altenwohnungen Marklohe*
• Kindertagesstätte Hameln*
• Kindertagesstätte Hildesheim*
• Altenwohnungen für Ehepaare, Visselhövede
• Altenwohnungen für Alleinstehende, Hannover
• Kurheim und Internat für behinderte Kinder, Bad Pyrmont* • Nephrologisches Zentrum Niedersachsen*
• Altenwohnungen Vahrenwald, Hannover mit Pflegestation* • Kindertagesstätte Meckelfeld, Seevetal*
• Kindertagesstätte Celle*
• Seniorenheim Vahrenwald, Hannover*
• Altenheim und Pflegestation Bremervörde*
• Kindertagesstätte Elze*
Die Bezirksgeschäftsstelle siedelte 1970 von der Maschstraße nach Körtingsdorf um.
An der Spitze des AWO Bezirksverbandes Hannover trat 1959 Kurt Partzsch, der von 1961 bis 1974 Niedersächsischer Sozialminister und von 1971 bis 1984 Vorsitzender des AWO Bundesverbandes war. Kurt Partzsch blieb bis 1986 Vorsitzender des Bezirksverbandes. 1986 trat an seine Stelle Bernhard Kreibohm, von 1996 bis 2008 war Axel Plaue der Vorsitzende des Bezirksverbandes, ihm folgten Kerstin Tack (bis 2012) und Marco Brunotte (bis Juni 2018). Heute ist Yasmin Fahimi die Vorsitzende des ehrenamtlichen Präsidiums des AWO Bezirksverbandes Hannover e.V.
Quellenhinweis: Rabe, Bernd: Solidarität im Alltagsleben – Geschichte der Arbeiterwohlfahrt Bezirksverband Hannover e.V., Hannover 1990
1920 gründete der damalige SPD Vorsitzende Friedrich Feldmann die AWO in Hannover. In Hannover entstanden die ersten AWO Beratungsstellen. Als Reaktion auf die Weltwirtschaftskrise richtete die AWO Volksküchen, Lebensmittel- und Kleidersammlungen, Wärmestuben und Nähstuben ein. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Mai 1933 wurde die AWO verboten und im November 1945 in Hannover wiedergegründet. Sie war nun eine parteipolitisch sowie konfessionell unabhängige Hilfsorganisation und wurde immer mehr ein sozialpolitischer Faktor für Gleichberechtigung und Teilhabe
aller Menschen. Die Arbeit in den drei Säulen Demokratische Selbstorganisation der Mitglieder in Ortsvereinen, Entwicklung modellhafter professioneller sozialer Dienstleistungen, Mitwirkung an und Einfluss auf Politik und Gesetzgebung in Kommunen, Ländern und im Bund kennzeichnen bis heute das Wirken der AWO.
Meilensteile der AWO Region Hannover:
1946: Eröffnung des ersten AWO Kindergartens in der Dingelstedtstraße 30 (jetzige Kita Gottfried-Keller- Straße.
1953: Die AWO öffnet die erste Krabbelgruppe (Betreuung für Kinder von 22 Monaten bis drei Jahren) in der Kita Burgwedeler Straße – ein Vorläufer der heutigen Krippe.
1967: Die AWO eröffnet das „Emmy-Lanzke-Haus“ – ein Wohnhaus für alleinerziehende Mütter, die gesellschaftlichen und familiären Diskriminierungen ausgesetzt waren und die erste Krippe in der Dunantstraße. Damals war die AWO der einzige Träger, der Kinder unter einem Jahr betreut hat. Die Bewohnerinnen des Emmy-Lanzke-Haus konnten ihre Kinder in eine Krippe, Kindergarten oder Hort geben und dadurch ihre Schulausbildung fortsetzen oder eine Ausbildung beginnen. Heute befindet sich die AWO-Einrichtung im Carré Spierenweg.
1978: Die AWO entwickelt ein Fördergruppenmodell für verhaltensauffällige Kinder.
1988: Die AWO beteiligt sich im Mai 1988 zum ersten Mal am Hannover Marathon unter dem Motto „AWO gegen Ausgrenzung – Unsere Sprache ist Integration“.
2000: Im Juni eröffnet die AWO mit dem „Misburger Regenbogenschiff“ das erste Familienzentrum in Hannover
Meilensteine in der Geschichte der AWO bundesweit:
Die Anfänge
1919: Die Sozialdemokratin Marie Juchacz gründet den “Hauptausschuss für Arbeiterwohlfahrt in der SPD”
1920: Viele Einrichtungen entstehen: Nähstuben, Mittagstische, Werkstätten, Beratungsstellen. Frauen und Männer werden für soziale Beruf ausgebildet.
1922: Das Reichsjugendwohlfahrtsgesetz wird verabschiedet.
1924: Die Fürsorgepflichtverordnung tritt in Kraft. In 1.200 Gliederungen auf Orts- und Kreisebene der AWO sind 24.000 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer aktiv.
1925: Die AWO startet mit einer eigenen Lotterie und verkauft Arbeiter-Wohlfahrtsmarken. Erstes Fachtreffen für soziale Berufskräfte
1926: Erste Ausgabe der Zeitschrift Arbeiterwohlfahrt
Die AWO wird als Reichsspitzenverband der freien Wohlfahrtspflege anerkannt.
1927: Einweihung des Immenhof als Heim für schwer erziehbare Mädchen
1928: Die AWO unterhält eine eigene Wohlfahrtsschule in Berlin. Die Weltwirtschaftskrise und die instabilen Verhältnisse in der Weimarer Demokratie machen die AWO unentbehrlich. Über 20 Millionen Menschen in Deutschland sind auf Hilfen der Wohlfahrtspflege angewiesen.
1930: Lotte Lemke wird Geschäftsführerin des Hauptausschusses für Arbeiterwohlfahrt
1931: 135.000 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer sind für die AWO in allen Bereichen tätig. Die AWO wird zur Helferorganisation für alle sozial bedürftigen Menschen, unabhängig von ihrer Herkunft und ihrer Konfession.
Nationalsozialismus – der Einbruch
1933: Adolf Hitler kommt an die Macht. Nur wenige Wochen später wird die AWO verboten und zwangsweise aufgelöst. Die Zeitschrift “Arbeiterwohlfahrt” erscheint mit dem Hakenkreuz. Doch dem Versuch, die Arbeiterwohlfahrt in die nationalsozialistische Volkswohlfahrt zu überführen, entziehen sich allerorten alle Mitglieder, Helfer und Funktionäre. Vermögen, Heime und Einrichtungen werden für die nationalsozialistische Volkswohlfahrt beschlagnahmt. Führende Frauen und Männer der AWO werden verfolgt. Die Arbeiterwohlfahrt hat aufgehört, als Organisation zu existieren.
Neubeginn und Wiederaufbau
1945: Der Krieg ist zu Ende, der Wiederaufbau beginnt.
1946: In Hannover wird die AWO als parteipolitisch und konfessionell unabhängige und selbstständige Organisation wieder ins Leben gerufen.
1947: Organisatorisch geht die AWO neue Wege. Sie gründet sich als selbstständiger Verband und gibt sich auf der Reichskonferenz in Kassel neue Richtlinien.
Gründung der ersten Schwesternschule der AWO in Westerland auf Sylt
1949: In den drei Westzonen und in Berlin gibt es bereits wieder 50.000 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer. Marie Juchacz kehrt aus der Emigration zurück und wird Ehrenvorsitzende der AWO.
1953: Kindergärten und Horte entstehen, Volksküchen geben Mahlzeiten an Bedürftige aus, eine Schwesternschule wird eröffnet. Die AWO ist auf allen Feldern der sozialen Arbeit aktiv.
1959: Die AWO hat 300.000 Mitglieder, 5.000 Ortsvereine, 353 Heime, 250 Kindergärten, 4.000 hauptberufliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und über 70.000 Helferinnen und Helfer.
1969: Gründung des Jugendwerks der Arbeiterwohlfahrt
1972: Die Fachzeitschrift der Arbeiterwohlfahrt heißt ab sofort “Theorie und Praxis der sozialen Arbeit”
1975: Verabschiedung des ersten fachpolitischen Programmes der Arbeiterwohlfahrt
1987: Verabschiedung des Grundsatzprogramms der Arbeiterwohlfahrt unter dem Titel Humanitäres handeln aus politischer Verantwortung
Wiedervereinigung nach 57 Jahren
1989: Die Mauer fällt.
1990: Deutschland ist wieder vereinigt. Die AWO beginnt in den neuen Bundesländern mit einem dynamischen Aufbauprozess. Die Landes- und Bezirksverbände der AWO schließen sich auf einem Bundestreffen in Berlin zusammen.
1991: Erste gesamtdeutsche Bundeskonferenz am 20. und 21. April in Nürnberg.
Die AWO ist heute flächendeckend in allen Bundesländern tätig. Sie ist Trägerin vieler sozialer Aufgaben und Dienstleistungen. In allen Bereichen legt sie Wert darauf, soziale Aufgaben der Gegenwart mit dem Blick auf die Zukunft zu lösen.