Tanja Holzheimer, Leiterin der AWO Einrichtung Carré Spierenweg, im Gespräch mit Jan M.*.

„Aussichtslose Mission“: Alleinerziehender Vater auf Wohnungssuche

Jan M.* lebt in der AWO Einrichtung Carré Spierenweg und sucht seit eineinhalb Jahren eine Bleibe für sich und seine beiden Kinder

Region Hannover/ Hannover. Eine bezahlbare Wohnung in Hannover zu finden, ist nicht leicht. Oft gibt es mehr als 100 Mitbewerber. Besonders schwer ist es für Selbständige und Arbeitslose. „Nahezu unmöglich ist es als alleinerziehender Vater mit einem Schufa-Eintrag“, sagt Jan M.*, der mit seinen beiden Kindern in der AWO Einrichtung Carré Spierenweg lebt. Das Carré Spierenweg ist eine Jugendhilfeeinrichtung, in der allein Erziehende und Schwangere in separaten Wohnungen leben und sozialpädagogisch betreut werden. Ziel ist es, die Bewohnerinnen und Bewohner auf ihrem Weg zurück in ein selbstbestimmtes Leben zu begleiten. Normalerweise wohnen sie etwa eineinhalb bis zwei Jahr lang dort – bei M. sind es schon zwei Jahre und vier Monate. „Er könnte bereits allein leben, doch wir finden einfach keine Wohnung für ihn und seine beiden Kinder“, sagt Tanja Holzheimer, Leiterin der Einrichtung.

Jan M. ist jetzt 34 Jahre alt. Seinen bisherigen Lebensweg beschreibt er als „alles andere als einfach und geprägt von vielen Rückschlägen“. Seine Eltern werfen ihn im Alter von 11 Jahren raus, fortan ist die Jugendhilfe für ihn verantwortlich. Er lebt in Jugendheimen und beginnt nach der Schule eine Ausbildung zum Elektriker, die er aus persönlichen Gründen kurz vor der Beendigung abbricht. M. heiratet und wird mit 25 Jahren zum ersten Mal Vater. „Bis dahin lief meine Beziehung gut, dann kam der Einbruch.“ Seine Frau habe einen Todesfall in ihrer Familie gehabt, der bei ihr eine psychische Erkrankung ausgelöst habe. „Das ist natürlich kein Trennungsgrund, aber ich konnte einfach nichts mehr richtig machen“, sagt er. Das Paar streitet sich unentwegt, dennoch werden sie drei Jahre später zum zweiten Mal Eltern. Es folgen weitere erbitterte Streits und Polizeieinsätze, dann zieht M. die Reißleine. „Es ging einfach nicht mehr, wir konnten so nicht mehr weiter zusammenleben.“

Die beiden sind überfordert – um die Ehe zu retten, wie er sagt, geben sie ihre beiden Kinder in die Obhut des Jugendamtes. Ihr Sohn und ihre Tochter leben fortan gemeinsam in einer Jugendeinrichtung, M. besucht sie mehrmals wöchentlich. Die Ehe ist allerdings nicht mehr zu retten, 2018 lassen sie sich scheiden. „Meine Kinder abzugeben war der Tiefpunkt meines Lebens“, sagt er heute. An diesem Tiefpunkt habe er beschlossen, für ein gemeinsames Leben mit seinen Kindern zu kämpfen: Er streitet um das Sorgerecht und zieht in das Carré Spierenweg ein, wo er darauf vorbereitet wird, ein selbstbestimmtes Leben als alleinerziehender Vater zu leben. Hier hat er die Ruhe, sein Leben neu zu strukturieren, und sich auch etwas um sich selbst zu kümmern und um seine berufliche Laufbahn.

Der Umgang mit Computern macht ihm Spaß, er möchte gern eine Ausbildung zum Informatiker beginnen – doch noch fehlt die Förderung durch das Jobcenter. „Den Ausbildungsplatz an einer Bildungseinrichtung habe ich bereits, es findet sich aber zur Zeit kein Kostenträger“, sagt M. und betont: „Ich möchte meinen Kindern etwas Besseres bieten, als mir geboten wurde – stabile Verhältnisse, mit einem Vater, der arbeitet.“ Noch schwieriger gestaltet sich jedoch Schritt Nummer eins auf dem Weg in die Selbstständigkeit: die Wohnungssuche. Größte Hürde ist sein Schufa-Eintrag. „Ich habe Fehler gemacht – dazu gehören auch die Schulden“, sagt M. Aber auch dieses Problem sei er angegangen – mit Hilfe einer Schuldnerberatung habe man eine Lösung gefunden, berichtet Einrichtungsleiterin Holzheimer und betont: „Er ist in die Privatinsolvenz gegangen, was zu einem Schufa-Eintrag geführt hat. Deshalb ist er aber nicht zahlungsunfähig, sondern durchaus in der Lage, für Miete und Unterhalt zu sorgen.“

Mittlerweile ist M. seit eineinhalb Jahren auf Wohnungssuche. Alle eigenen Bemühungen sind erfolglos. Da er einen Anspruch auf Vermittlung einer Sozialwohnung hat, wendet er sich an das Wohnungsamt, das ihm zwei Vorschläge macht. Beide Wohnungen hätte er gern genommen, bei beiden scheitert es am Schufa-Eintrag. Die erste Absage erhält er von einem privaten Vermieter, die zweite von der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Hanova. „Die Wohnungssuche wirkt auf uns gerade wie eine aussichtslose Mission, wenn selbst das Wohnungsamt und die städtische Wohnungsbaugesellschaft ihm nicht helfen können“, sagt Holzheimer. Der Vorgang sei aus verschiedenen Gründen schwer verständlich, auch aus finanzieller Sicht. „Ein Platz im Carré Spierenweg ist kostenintensiv – die sozialpädagogische Begleitung kostet Geld. Es wäre für die öffentliche Hand günstiger, eine Wohnung zu finanzieren, da die Betreuung auch nicht mehr benötigt wird“, so Holzheimer. Nebeneffekt: Ihre Einrichtung hat eine Warteliste, M. blockiere einen dringend benötigten Platz.

M. ist der AWO und ihren Mitarbeiterinnen in der Einrichtung sehr dankbar. „Das Carré Spierenweg hat mich aufgebaut.“ Jetzt könne er ein neues Kapitel in seinem Leben aufschlagen, wenn es endlich mit dem Job und der eigenen Wohnung klappt. „Eine eigene Wohnung würde vor allem auch meinen Kindern viel bedeuten. Ich würde auf alles verzichten – Hauptsache, wir finden eine Bleibe und sie können ein eigenes Zimmer haben“, sagt M.

* Name von uns geändert

Text & Foto: Christian Degener/ AWO

Tanja Holzheimer, Leiterin der AWO Einrichtung Carré Spierenweg, im Gespräch mit Jan M.*.

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