Die AWO Region Hannover macht rund um den Weltarmutstag auf das Problem der Frauenarmut aufmerksam und zeigt, wie viele Gesichter Armut hat: Das nachstehende Beispiel aus der AWO Frauenberatung Burgdorf, Lehrte, Sehnde und Uetze verdeutlicht, wie einerseits Erziehungszeiten und andererseits unzureichender Zugang zu Bildung und Ausbildung Armut bedingen:
Frau K. berichtet über ihre aktuelle Situation als Alleinerziehende: Frau K. ist zum Zeitpunkt der Beratung noch verheiratet und hat drei Kinder, das erste Kind bekam sie mit 20 Jahren. Die Alltagsorganisation mit zwei der Kinder, bei denen Entwicklungsverzögerungen diagnostiziert wurden, lastete allein auf ihren Schultern. Im Laufe der Zeit kam es bei ihr zu häufigen Erkrankungen, Schlafstörungen und bald zu einer totalen Erschöpfung. Der Ehemann arbeitete in einem Betrieb, beteiligte sich nicht an der Hausarbeit, kümmerte sich kaum um die Kinder. Eine Kur mit den Kindern entlastete Frau K. und führte zu einer gesundheitlichen Stabilisierung.
Wenig später trennte sich der Ehemann von ihr. Er zahlt keinen Unterhalt an sie und die Kinder. Der Ehemann hatte während der Ehe Schulden angehäuft. Zu Frau K‘s. ohnehin anstrengenden Alltag kamen die Wohnungssuche sowie Wege zu verschiedenen Ämtern hinzu. Die Familie bezieht jetzt Transferleistungen.
Die regelmäßigen Arzt- und Therapiebesuche mit den Kindern müssen mit öffentlichen Verkehrsmitteln (im ländlichen Bereich) durchgeführt werden. Als Belastung empfindet sie, dass sie ihren Kindern wenig bieten kann. Selbst Einladungen zu Kindergeburtstagen, mit den zu besorgenden Geschenken, sind mit drei Kindern schwer zu realisieren.
Ihren Wunsch, eine Ausbildung mit Hilfe des Jobcenters zu absolvieren, musste sie immer wieder verschieben, da ihre Kinder nach wie vor eine intensive Betreuung benötigen. Sie erzählt, dass sie ihren Kindern getrennte Eltern ersparen wollte. Die Trennung ihrer Eltern hatte sie damals in eine Krise gestürzt; die Folge war ein Schulabbruch, obwohl sie eine gute Schülerin gewesen sei und bereits berufliche Zukunftspläne hatte.
In der Beratung wird deutlich, dass Frau K. trotz der noch sehr anstrengenden Familienarbeit, eine berufliche Perspektive entwickeln möchte. Vereinbarkeit von Berufsplanung und Familie sei bereits während ihrer Ehe schwierig gewesen, in der Situation als Alleinerziehende empfindet sie noch mehr Druck. Eine wichtige Voraussetzung für eine berufliche Weiterqualifizierung sei für sie eine ausreichende Betreuungszeit für die Kinder in Kindergarten und Schule. Die Suche nach solchen Plätzen gestalte sich als schwierig. Auch eine Notfallversorgung im Krankheitsfall von ihr und den Kindern sei noch nicht gefunden. Frau K. ist bewusst, dass aufgrund der Scheidung ihr Risiko für Altersarmut steigt. Sie empfindet den Spagat zwischen der Planung ihrer beruflichen Zukunft und Familienarbeit als Zerreißprobe.
(Frauenberatung Ostkreis, Oktober 2018)
Die AWO Frauenberatung Ostkreis unterstützt betroffene Frauen in aktuellen Krisen – kostenlos, vertraulich und auf Wunsch anonym – bei der Bewältigung individueller Probleme und des täglichen Lebens: https://bit.ly/2Pcq6l2