Heide Wolken vor dem Eingang der IGS Badenstedt.

Phänomen Schulvermeidung: „Corona erschwert meine Arbeit“

AWO Mitarbeiterin Heide Wolken hilft Schülerinnen und Schülern der IGS Badenstedt und der IGS Kronsberg, wenn sie der Schule fernbleiben

Hannover. „Corona erschwert meine Arbeit sehr“, sagt Heide Wolken. Die Sozialarbeiterin arbeitet in der AWO Fachstelle Schulvermeidung und berät Schüler, Eltern und Lehrer an den beiden Integrierten Gesamtschulen in Badenstedt und am Kronsberg. „Bei Beratungen ist es wichtig, die Gesichter der Gesprächspartner zu sehen. Doch hinter einer Maske bleibt ein Großteil der Mimik verborgen.“ Dabei wolle sie nicht falsch verstanden werden: Anti-Corona-Maßnahmen wie das Tragen von Masken seien notwendig. „Aber bei meinen Gesprächen mit Schülern und Eltern geht es auch um Vertrauen und darum, sich zu öffnen – gerade beim ersten Kontakt ist zum Beispiel ein Lächeln wichtig, um eine positive Verbindung aufzubauen“, erklärt Wolken.

Auch in Corona-Zeiten hat die Beraterin viel zu tun. „Schule schwänzen“, wie es umgangssprachlich heißt, unter Fachleuten Schulvermeidung genannt, ist weiterhin ein verbreitetes Phänomen. „Wenn ein Kind oder Jugendlicher nicht zur Schule geht, ist das ein Hilferuf – ein Hilferuf bei Problemen aller Art“, erklärt Wolken. „Es gibt keine typische Schulschwänzer-Karriere.“ Denn die Ursachen seien individuell und vielfältig: Konflikte innerhalb der Schule mit Lehrern oder Mitschülern, Mobbing, Vernachlässigung durch die Eltern, Probleme in der Familie, z.B. Schulden, Arbeitslosigkeit oder Trennung können Auslöser einer Schulvermeidung sein. Manches Mal liege der Grund aber ganz woanders: nicht erkannte, dauerhafte Lern- und Leistungsprobleme. „Wenn ich beim Lernen längere Zeit nicht mehr mitkomme und nur schlechte Noten erhalte, gehe ich irgendwann nicht mehr gern zur Schule“, betont Wolken. Manchen Schülerinnen und Schülern mache auch der lange Schulweg zu schaffen, teilweise bis zu zwei Stunden täglich.

Die Beraterin hat in ihrer mehr als 30-jährigen beruflichen Laufbahn schon viel erlebt, aber über zwei neuere Entwicklungen sei sie dennoch erstaunt und bestürzt. Zum einen gebe es vermehrt Eltern, denen der Schulbesuch ihrer Kinder egal ist; zum anderen kehre das Phänomen der Vernachlässigung zurück. „Unser Beratungsangebot ist freiwillig. Wenn Eltern sich nicht für die Schulvermeidung ihrer Kinder interessieren, werden sie es nicht in Anspruch nehmen, auch wenn es dringend nötig wäre zum Wohl ihrer Kinder“, sagt Wolken. Manchmal könnten Eltern ihre Kinder im Alltag nicht angemessen versorgen oder unterstützen, weil sie selbst überlastet sind.

„Wenn die Schüler morgens ohne Frühstück aus dem Haus gehen, immer wieder Schulmaterialen fehlen, keine Sportsachen da sind, niemand zum Elternabend erscheint oder sich für den Schulalltag von Tochter oder Sohn interessiert, sind das schlechte Voraussetzungen zum Lernen.“ In einigen Fällen sei es erforderlich, das Jugendamt um Überprüfung der familiären Lebensumstände zu bitten, damit bei Bedarf Hilfen zur Erziehung angeboten werden können. Wolken kommt zu Gute, dass sie bei der AWO eine zertifizierte Fachkraft zur Einschätzung von Kindeswohlgefährdung ist. Diese Qualifizierung sei keine Voraussetzung in ihrem Job, helfe aber beim Umgang mit Schülern aus belasteten Familienverhältnissen.

Angststörungen und Depressionen seien psychische Erkrankungen, die in den vergangenen Jahren zunehmend bei Kindern und Jugendlichen diagnostiziert wurden und zur Schulabstinenz führen können. In solchen Fällen arbeitet die Fachstelle mit einer kinder- und jugendpsychiatrischen Praxis in der Südstadt zusammen. Mediensucht gehöre ebenfalls zu den neueren Phänomenen der Schulvermeidung. „Spiele auf dem Handy sind beliebt bei Schülerinnen und Schülern, doch manche zocken die ganze Nacht durch und sind am nächsten Tag zu müde für die Schule. Andere beschäftigen sich mit Social Media Apps und sind süchtig danach“, berichtet Wolken. Aber auch Mobbing in den Sozialen Medien oder per Messenger-Diensten könnten dazu führen, dass ein Schüler oder eine Schülerin nicht mehr zur Schule geht. Lassen sich Anzeichen von Mobbing erkennen, bezieht Wolken Lehrer und/oder Schulsozialarbeiter ein.

Doch wie läuft ihre Arbeit im Alltag ab? Wolken verbringt die Hälfte ihrer Arbeitszeit an der IGS Badenstedt und die andere Hälfte an der IGS Kronsberg. Vermeidet eine Schülerin oder ein Schüler regelmäßig den Schulbesuch, wendet sich der oder die zuständige Klassenlehrer/in an Wolken, die dann den Erstkontakt zu den Betroffenen und ihren Eltern sucht. Ursachenforschung und die Vermittlung von passenden Hilfen seien wichtig, ebenso die Kooperation zwischen den Familien und den Helfern aus den Institutionen. „Wenn alle Beteiligten gut zusammenarbeiten, können wir viel für die betroffene Schülerin oder den betroffenen Schüler erreichen“, betont Wolken.

Text & Foto: Christian Degener/ AWO

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