Region Hannover/ Hannover-Vahrenheide. Ungewöhnlicher Anblick im Innenhof der Kita Dunantstraße der AWO Region Hannover in Vahrenheide: Zwei Schafe grasen dort, wo sonst die Kinder auf dem Außengelände spielen. „Das sind Rosi und Cara“, erklärt Marie Bergmann den Kindern, die die Tiere von weitem beobachten. Bergmann ist Mitarbeiterin des Instituts für soziales Lernen mit Tieren, sie ist Sozialarbeiterin und Fachkraft für tiergestützte Intervention. Das Institut aus der Wedemark hat an diesem Vormittag nicht nur Rosi und Cara mitgebracht, sondern auch zwei Hühner, einen Hund und mehrere Meerschweinchen. „Das ist ein Kaninchen“, sagt einer der Jungen während der Eröffnungsrunde, in der die Kinder im Kreis um ein kleines Gehege sitzen, das Bergman und ihre Kollegin Claudia van Eik in einem der Gruppenräume der Kita aufgebaut haben. „Nein, heute haben wir keine Kaninchen mitgebracht – das ist Kenny, das Meerschweinchen“, antwortet Bergmann. „Wollt Ihr es streicheln?“ Die Kinder nicken. Vorsichtig nimmt sie das Tier aus dem Gehege und setzt es auf den Schoß des Jungen. Dann reicht sie ihm eine Paprika. „Die kannst du füttern“. Behutsam fährt der Junge mit seiner einen Hand über das Fell des Meerschweinchens, mit der anderen schiebt er ihm vorsichtig die geschnittene Paprika hin, an der das Kleintier sofort zu nagen beginnt.
Auf einer Decke in der Ecke des Raums liegt Luna – eine Hündin aus dem griechischen Tierschutz. Auch Luna ist gleich umringt von drei begeisterten Kindern. „Du kannst Ihr einen Leckerli geben – traust du dich das?“, fragt Bergmann eines der Mädchen. Sie hat keine Berührungsängste und hält der Hündin mit ausgestrecktem Arm ein Leckerli hin, das ihr aus der Hand gefressen wird. Kurz darauf liegt Luna auf dem Rücken und lässt sich von dem Mädchen kraulen. Es folgen noch einige Leckerlis, bis Bergmann sagt: „Das reicht jetzt, mehr darf sie nicht. Sie soll sich ja nicht überfressen.“ Für den Rest des Besuchs liegt Luna auf ihrer Decke und döst offenbar sehr zufrieden.
„Wer möchte, dass ich eines der beiden Hühner aus dem Gehege nehme?“, will die Sozialarbeiterin wissen. „Ich“, rufen mehrere Kinder. Die braunen Hühner sind Schwestern und heißen Clara und Käthe. Sie sehen nicht gut und wurden deshalb nicht für die Zucht verwendet. Bergman nimmt Clara auf den Schoss, die etwas flattert. „Du braucht keine Angst zu haben, sie saß noch nicht so gut“, sagt sie zu dem Mädchen neben ihr, der das Flattern jedoch nicht geheuer ist und sich woanders hinsetzt.
„Die Kinder reagieren ganz unterschiedlich auf die Tiere – manche sind erstmal abwartend, andere haben gar keine Berührungsängste“, berichtet Jonas Flasbart, Leiter der AWO Kita. Das Institut wird insgesamt fünf Mal mit den Tieren zu Gast in der Kita sein, anschließend will Flasbart die Tierpädagogik gern fortführen – mindestens einmal pro Monat. Die Kita finanziert die Besuche aus den Erschwerniszulagen. „Die meisten Kinder haben bisher fast keine Tiere in ihrem Leben gesehen“, betont der Einrichtungsleiter. Die Aktion komme bei allen sehr gut an – bei den Kindern, pädagogischen Mitarbeitenden und den Eltern. Die Kinder lernen im Umgang mit den Tieren Empathie und Sozialverhalten, aber vor allem erweitern sie ihre Sprachkenntnisse. „Fast alle Kinder haben einen Migrationshintergrund – für ihre Sprachentwicklung sind die Besuche hervorragend.“ So lernen die Kinder verschiedene Arten von Tieren kennen, wie sie leben, was sie essen und wie man ihnen am besten begegnet. „Den Kindern tut der Umgang mit den Tieren sehr gut – sie haben Spaß und lernen viel“, betont Flachsbart. Am Ende des Besuchs gibt es noch einmal viel Jubel bei den Kindern: Als die beiden großen Schafe von den beiden Sozialerbeiterinnen durch den Flur der Kita in Richtung Ausgang geführt werden. Auch ein nicht alltäglicher Anblick.
Fotos & Text: Christian Degener/AWO