Region Hannover. Sabina A. ist 32 Jahre alt lebt und lebt alleine in einer Wohnung mit drei anderen Parteien in einem Mietshaus in der Region Hannover. Sie bezieht Hartz IV – eine Arbeit ist aus gesundheitlichen Gründen zurzeit nicht möglich. Sabina A. hat einen kleinen Bekanntenkreis, die Familie wohnt in einem entfernten Bundesland und sie fühlt sich – auch durch Corona – zunehmend isolierter.
Der Nachbar über ihr ist nachts sehr laut, sie hat ihn schon mehrfach gebeten etwas Rücksicht zu nehmen. Er mache sich über sie lustig, wie sie erzählt. Sabina A. fühlt sich dadurch sehr belastet und kann nachts wegen des Kraches nicht schlafen. Vor der Corona-Pandemie hat sie deshalb häufiger mal bei einer Freundin übernachtet, was durch die aktuelle Situation nicht möglich ist. Sie versucht schon länger, eine andere Wohnung zu finden, da sie sich in der Wohngegend generell nicht wohlfühlt. Da für sie nur eine kostengünstige Wohnung in Frage kommt, verlief die Suche bislang ergebnislos.
Beim letzten Zusammentreffen mit dem Nachbarn ist er ihr körperlich sehr nahegekommen und hat die Abstandregeln missachtet. Er hat sie angeschrien, sie geschubst und ihr gedroht. Eine Nachbarin hat dies mitbekommen und die Polizei gerufen. Nach diesem Vorfall hat Sabina A. ihren Nachbarn angezeigt und ist ebenfalls von ihm angezeigt worden.
„Sabina A. hat sich an die Frauenberatung der AWO gewandt, weil sie mit der ganzen Situation nicht mehr klargekommen ist“, erklärt AWO Beraterin Johanna Pfizenmaier. Sie war verunsichert, weil sie selbst angezeigt worden war. Zudem hatte sie große Angst vor einem zufälligen Treffen mit dem Nachbarn und davor, dass sich die Situation weiter zuspitzen könnte. „Weil in ihrer Anzeige bei der Polizei die Körperverletzung durch das Schubsen nicht aufgenommen wurde, hatte sie dazu Angst, nicht ernstgenommen zu werden“, sagt Pfizenmaier. Außerdem drohte ihr der Nachbar mit den Worten, dass er gute Anwälte hätte und dafür sorgen würde, dass sie nichts mehr sagt. Und dann die Sorge, sich aufgrund ihrer finanziellen Lage, keine anwaltliche Unterstützung leisten zu können.
Da sei alles zusammengekommen. „Sabina A. schien mit den Sorgen, Ängsten und ihrer finanziellen Situation völlig überfordert zu sein“, so Pfizenmaier. In der AWO Frauenberatungsstelle hat sie zum ersten Mal über diese für sie belastende Situation sprechen und dadurch mehr Klarheit gewinnen können. Mit Unterstützung der Beraterin konnte Sabina A. Strategien und Handlungsmöglichkeiten für Situationen erarbeiten, in denen sie mit dem Nachbarn zusammentreffen könnte. Gemeinsam mit der Beraterin hat Sabina A. Kontakt zur Polizei aufgenommen und die Anzeige um die Straftat der Körperverletzung ergänzt. Darüber hinaus hat sie jetzt einen Antrag auf Beratungshilfe beim Amtsgericht gestellt, um sich rechtlich vertreten zu lassen.
„Sabina A. befand sich in einer ohnehin belastenden Situation“, erklärt Pfizenmaier. Da durch Corona wichtige soziale Kontakte weggefallen sind, wurde die Belastung immer größer. Der Antrag auf Beratungshilfe war für sie hilfreich, um die finanzielle Situation teilweise zu entspannen. Sie wünscht sich weitere Beratungen und Unterstützung dabei, eine langfristige Perspektive zu erarbeiten.
Text: Gaby Kujawa, Foto: Christian Degener/iStock