Nach 40 Jahren Berufstätigkeit bei der AWO geht Eva Niegel nun in den Ruhestand. „Es fühlt sich stimmig an.“ Zuerst sei es bestimmt merkwürdig – morgens nicht mehr mit dem Fahrrad durch die Eilenriede zur Arbeit in die W7 zu radeln, lacht die passionierte Radfahrerin. Da werde sich sicher eine Alternative finden. Die nächsten Wochen will die 63-Jährige erst einmal auf sich zukommen lassen. „Als planender Mensch bin ich fasst irritiert, dass ich nichts vorbereitet habe.“ Auf jeden Fall möchte sie ihre ausgefallene Reise ins Eis nach Grönland nachholen, wenn es wieder passt. Sie freut sich auf mehr Zeit mit ihrem Lebenspartner und ihrer Schwester, für Yoga, Lesen und Reisen. „Ich habe auch ein Thema für ein eigenes Buch.“
Die erste Begegnung mit der AWO war im Saarland. Das war 1980. „Da war ich 23“, sagt Niegel. Die gelernte Industriekauffrau und geprüfte Sekretärin wollte nach einigen Jahren in einem Wirtschaftsunternehmen etwas anderes machen – am liebsten soziale Arbeit studieren, wie sie erzählt. Dafür ist die gebürtige Gelsenkirchenerin ins Saarland gezogen. „Für das Studium brauchte ich nach meinem Fachabi Wirtschaft, das ich in Saarlouis gemacht habe, ein freiwilliges soziales Jahr.“ Ein Stellenangebot der AWO in einer Einrichtung für behinderte Kinder und Jugendliche habe sie angesprochen, sagt die 63-Jährige, die selber eine jüngere seelisch behinderte Schwester hat. Das sei eine spannende Zeit gewesen mit vielen unerwarteten Erfahrungen.
Und dann kam vieles anders als geplant, wie Niegel berichtet. Im Rahmen des freiwilligen sozialen Jahres hatte sie an der damaligen AWO Akademie in Büdingen an einer Fortbildung für junge Berufseinsteigerinnen teilgenommen. An der Akademie kamen AWO Mitarbeitende aus ganz Deutschland zu verschiedensten Fortbildungswochen zusammen – und so entstand der Kontakt zur Geschäftsstelle der AWO in Hannover. „Wir brauchen jemanden, der fit ist im Sekretariat.“ Dieses Angebot dort – die AWO-Verwaltung war kurz vorher von der Posthornstraße in die Wilhelmstraße umgezogen – habe sie gereizt, sagt Niegel. Die Entscheidung nach Hannover zu wechseln, fiel dann schnell, denn die Möglichkeit, in einem sozialen Unternehmen zu arbeiten, war schon seit langem ihr Wunsch. Die AWO in Hannover war gerade dabei, sich zu vergrößern und neue Einrichtungen und Angebote aufzubauen. Damit einhergehend wurde auch die Verwaltung aufgestockt. 1981 fing sie als Sekretärin von Dieter Zywicki an. „Damals noch mit schwarz-rotem Farbband und Blaupapier für Drei-Fach-Durchschlag“, erzählt sie lachend.
20 Jahre hat Eva Niegel für den damaligen AWO Geschäftsführer gearbeitet. Die Arbeit, die Kolleginnen und Kollegen, der Zusammenhalt bei der AWO – es hätte alles gepasst, wie sie betont. So ein angenehm entspanntes Miteinander. „Wir haben viele gemeinsame Aktionen auf die Beine gestellt, zum Beispiel, dass Schülerinnen und Schüler mit Sammelbüchsen herumgegangen sind, um Spenden für unsere soziale Arbeit zu sammeln.“
In den Jahren hat sich die AWO stetig vergrößert. Viele neue Einrichtungen, soziale Dienstleistungen und Mitarbeitende sind hinzugekommen. Eva Niegel saß mitten im Geschehen. „Ich wusste immer, was los war bei der AWO.“ Nach dem Ausscheiden von Dieter Zywicki arbeitete sie weitere sieben Jahre für Horst Merkel, der bis zur Fusion der beiden AWO Verbände Hannover-Land und Hannover-Stadt die Geschäftsführung innehatte. Nach seinem Renteneintritt übernahm dann Burkhard Teuber als Geschäftsführer der AWO Hannover-Land die Geschäftsführung der neuen AWO Region Hannover und brachte seine eigene Sekretärin mit.
Mit diesem Wechsel wurden Eva Niegel neue Aufgaben übertragen. Sie war nun als Verwaltungskraft zuständig für die internen Fortbildungen, Versicherungsschäden, die Organisation der arbeitsmedizinischen Untersuchungen und Unfallmeldungen, und sie war Ansprechpartnerin für den Hausmeister, die Reinigungskraft und den Elektriker oder organisierte die Zeitschriftenverteilung. „Viele kleine, doch nötige Dinge“, wie Niegel bemerkt.
Neue und alte Kolleginnen und Kollegen – alle mussten sich erst einmal zusammenfinden. Das seien aufregende Zeiten gewesen, so Niegel. In diesen Jahren fasste sie den Entschluss, ihre Arbeitszeit von einer Vollzeit- auf eine Teilzeitstelle zu reduzieren. „Ich wollte wieder mehr Zeit für mich und für andere Menschen haben.“ Und das sei eine richtig gute Entscheidung gewesen. Eva Niegel engagierte sich nun neben ihrer Berufstätigkeit als Lesementorin und absolvierte eine Weiterbildung zur ehrenamtlichen Sterbe- und Trauerbegleitung. Sterbende in ihrer letzten Lebensphase zu begleiten und zu unterstützen, habe sie sehr erfüllt und bereichert.
Eine gute Kombination – die Verwaltungstätigkeiten bei einem sozialen Verband und die soziale Arbeit direkt mit den Menschen, freut sich Niegel. „Ich hatte das Gefühl, dass durch meine Arbeit, am Ende immer etwas Gutes für die Menschen herausgekommen ist.“
Text & Foto: Gaby Kujawa