AWO Mitarbeiterin Elisa Nowotny in den Räumen der AWO Fachstelle Schulvermeidung.

Die Angst nehmen und das Selbstwertgefühl stärken

Elisa Nowotny ist neue Mitarbeiterin in der AWO Fachstelle Schulvermeidung und hilft Schüler/innen auf ihrem Weg zurück an die Schule

Region Hannover/ Hannover. Lernschwierigkeiten, Mobbing, familiäre Probleme und Konflikte mit den Lehrern: Die Ursachen, warum Jugendliche die Schule vermeiden, sind vielfältig. Laut aktuellen Erhebungen bleiben zwei bis drei Prozent eines Jahrgangs der Schule fern – mit Folgen: Viele von ihnen verlassen die Schule später ohne jeglichen Abschluss. Dies zu verhindern ist die Aufgabe der AWO Fachstelle Schulvermeidung, beheimatet im hannoverschen Stadtteil List. Neu im Team der Fachstelle ist Elisa Nowotny, die Ergotherapie studiert hat und unter anderem Werken in der Fachstelle unterrichtet.

In Deutschland gibt es etwa zwölf Millionen schulpflichtige Kinder und Jugendliche, rund 300.000 von ihnen bleiben der Schule fern. „Im Jahr 2000 haben deshalb etwa 80.000 Jugendliche die Schule ohne Qualifikation beendet – und 2019 waren es schon etwa 100.000“, berichtet Thomas Thor, Leiter der AWO Fachstelle. Und er befürchtet: Durch die Corona-Pandemie könnte sich diese Zahl im schlimmsten Fall verdoppeln, denn viele Schülerinnen und Schüler hätten Lerndefizite, Ängste, mangelnde soziale Kompetenzen und seien mit den Anforderungen der Schule insgesamt überfordert. Wer ohnehin Probleme in der Schule gehabt hat, für den oder die habe sich die Situation durch die Pandemie in der Regel noch verschlechtert.

„Deshalb ist unsere Arbeit so wichtig – je früher wir ihnen helfen können, desto besser“, betont seine Kollegin Nowotny. Die 26-Jährige hat nach ihrem Studium in Hildesheim zunächst in einer Reha-Klinik für psychisch Erkrankte gearbeitet – mit Erwachsenen. „Hier habe ich erlebt, wie sich schwerwiegende Probleme während der Schulzeit verfestigt hatten“, berichtet sie. Dabei sei ihr auch bewusst geworden, dass sie mit Kindern und Jugendlichen arbeiten möchte, um diese in ihrem Entwicklungsprozess zu begleiten und zu unterstützen. Als sie erfuhr, dass eine Stelle in der AWO Fachstelle Schulvermeidung frei wird, habe sie sich sofort beworben. „Die Arbeit mit den Schülerinnen und Schülern macht sehr viel Spaß – und ich habe das Gefühl, dass ich hier mehr zum Positiven bewegen kann.“

An die AWO Fachstelle vermittelt werden die schulpflichtigen Schülerinnen und Schüler durch den Kommunalen Sozialdienst (KSD), das Jugendamt oder aber die Lehrer/innen und Eltern wenden sich direkt an die Fachstelle. Auch durch Präventionsprojekte an den Schulen macht die AWO Einrichtung auf sich aufmerksam. Sind die Probleme in der Schule zu groß, werden die Schüler/innen an die Schulvermeidungsstelle vermittelt“, die dann zum außerschulischen Lernort wird – für eine Dauer von mindestens sechs Monaten bis hin zu zwei Jahren. „Im Durchschnitt sind die Jugendlichen ein Jahr lang bei uns“, sagt Nowotny.
In der AWO Einrichtung erwartet sie ein geschützter außerschulischer Lernort und eine Tagesstruktur. Sie werden in einer achtköpfigen Gruppe vier Stunden täglich in den Fächern Deutsch, Mathe, Englisch, Sozialkunde und Werken unterrichtet, außerdem erhalten sie ergotherapeutische und sozialpädagogische Hilfen und können jederzeit mit den AWO Mitarbeitenden über ihre Probleme sprechen. „Zunächst sind wir auch aufgrund ihrer bisherigen Erfahrungen keine Vertrauenspersonen für sie, da sie das Gefühl haben, Erwachsene nehmen sie nicht ernst“, berichtet Nowotny. Um Vertrauen zu gewinnen, müsse man ihnen zuhören. „Merken sie, dass sie mit ihren Problemen ernst genommen werden, öffnen sie sich.“ Das nennen die Mitarbeiter/innen Beziehungsaufbau.

Nowotny betreut die Gruppe mit zwei Kolleg/innen – jede/r von ihnen ist dann für bestimmte Kinder/Jugendliche verantwortlich. Sie organisiert sogenannte Förderplangespräche, in denen der Fokus darauf liegt, Ziele während ihres Aufenthaltes in der Fachstelle zu formulieren, und zu ermitteln, was die Jugendlichen für die Reintegration in die Schule benötigen. „Wir schauen, was schon gut klappt und wo ihre Stärken liegen und wo sie noch Hilfe benötigen“, erklärt Nowotny. Auch allgemeine Beratung und Gespräche mit den Eltern, Bezugspersonen, Lehrer/innen und dem Jugendamt gehören zu ihrem Job.

Der Werkunterricht ist ein weiterer Teil ihrer Arbeit. Derzeit fertigt Nowotny mit ihren Schüler/innen Weihnachtsschmuck, mit dem sie gemeinsam einen Baum dekorieren wollen. „Der Werkunterricht soll helfen, innere Widerstände zu überwinden und Fähigkeiten wie beispielsweise Frustrationstoleranz, Handlungsplanung und Körperspannung vermitteln, die wichtige Voraussetzung für den Schulalltag sind“, erklärt Nowotny. Er könne auch eine Möglichkeit bieten, dass die Jugendlichen ihre Kreativität entdecken, weitere Stärken an sich erkennen und sich neue Freizeitaktivitäten schaffen.

Ebenso vielfältig wie die Ursachen für die Schulvermeidung seien auch die Wege zurück an die Schule. Und egal ob Mobbing, Konflikte mit den Mitschülern, Eltern und Lehrkräften oder andere Vorfälle Schuld an ihrer Schulvermeidung sind – zwei Dinge ließen sich bei allen feststellen: Ängste und ein mangelndes Selbstwertgefühl. „Deshalb wollen wir gemeinsam ihre Stärken finden und ihren Selbstwert stärken.“ Ziel sei es, mit den Schüler/innen ihre Rückkehr an die Schule vorzubereiten – aber nicht unbedingt zu ihrer alten. „Wenn zu viel vorgefallen ist, gibt es kein Zurück und wir suchen gemeinsam nach einer Alternative“, erklärt Nowotny. Klar sei: es müsse ein Neustart sein.

Text & Foto: Christian Degener/AWO

 

AWO Mitarbeiterin Elisa Nowotny in den Räumen der AWO Fachstelle Schulvermeidung.

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