„Ich sehe nicht, wie meine Kinder aufwachsen“

Der Geflüchtete Hussein Mohamad ist seit zwei Jahren von seiner Familie getrennt

„Mein Herz tut mir weh“, sagt Hussein Mohamad und zeigt Bilder von seinem Sohn, den er seit zwei Jahren nicht gesehen hat. Mohamad ist Kurde, floh vor zwei Jahren vor dem Krieg aus Syrien und fällt unter den sogenannten subsidiären Schutz. Seine große Hoffnung, dass er seine Familie aus dem kriegszerrütteten Syrien nach Deutschland holen kann, wurde gestern zerstört: CDU, CSU und SPD haben entschieden, den Familiennachzug weiterhin auszusetzen; ab August soll er auf 1000 Menschen pro Monat begrenzt werden. „Die Entscheidung macht mich sehr traurig“, sagt Mohamad.

Seiner Familie wollte er die Flucht vor zwei Jahren nicht zumuten. Er hatte Angst, dass ihnen auf dem Weg etwas zustoßen könnte. Zuletzt sah er sie vor zwei Jahren. Per Skype telefoniert der 42-Jährige täglich mit ihr. Seine Frau und der älteste Sohn hätten große Angst, berichtet Mohamad. Derzeit leben sie in Nordsyrien in einer Stadt, die kurz davor stehe, von der türkischen Armee angegriffen zu werden. „Mein Sohn hat mit gestern gesagt, ‚Papa, die Mauer ist gefallen, jetzt kommen bestimmt bald die Soldaten“, erzählt Mohamad. Eigentlich ist Mohamad Neurologe und Heilpraktiker, wegen der Verfolgung und Unterdrückung der Kurden in Syrien habe er kein Zertifikat erhalten und durfte nicht weiter studieren. Bis zu seiner Flucht hat Mohamad in einer Strickfabrik und in einem Designerstudio gearbeitet.

In Deutschland leben derzeit rund eine Viertelmillion Menschen wie Mohamad unter dem subsidiären Schutz. Die meisten sind Syrer. Für den Familiennachzug gibt es zwar auch noch eine Härtefallregelung, diese wurde im im vergangenen Jahr aber weniger als 100 Menschen bewilligt. „Ich leiste derzeit sehr viel ehrenamtliche Arbeit, aber eigentlich habe ich kein richtiges Leben ohne meine Familie. Flüchtlinge, die wie ich in meiner Lage sind und von ihrer Familie getrennt worden sind, haben kein richtiges Leben“, berichtet Mohamad. Nezir-Bajdo Begovic, stellvertretender Fachbereichsleiter Qualifizierung-Bildung-Teilhabe der Arbeiterwohlfahrt Region Hannover, pflichtet Mohamad bei: „Es ist sehr hart, ohne Familie in einem anderen Land zu leben. Der Kopf ist nie richtig frei. Integration kann erst beginnen, wenn die eigene Familie sicher ist“.

Der Fachbereich der AWO berät derzeit insgesamt 73 Personen allein in Hannover, die einen Antrag auf Familiennachzug gestellt haben. Wie es ab August mit der neuen Regelung für die Geflüchteten weitergeht, sei unklar. „Wir wissen noch gar nicht, wie die neue Regelung aussehen soll und wer für den Familiennachzug in Frage kommt und wer nicht“, sagt Fachbereichsleiterin Gabi Schuppe. Sie kritisiert die Politik scharf: „Ich halte diese Entscheidungen für verfassungswidrig – und sie ist unmenschlich.“ Begovic ergänzt: „Kinder und Familie dürfen keine politische Verhandlungsmasse der Parteien sein“.

Für Mohamad heißt es jetzt weiterhin abwarten, Anträge stellen und hoffen. Seine Hoffnung mischt sich täglich mit Traurigkeit. „Ich sehe nicht, wie meine Kinder aufwachsen, wie sie beispielsweise Fahrrad fahren lernen – das tut mir als Vater sehr weh“, sagt Mohamad.

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