Region Hannover/Sehnde-Höver/Hannover. In ihrem Geburtsland ist Radfahren zu gefährlich gewesen, weshalb sie es als Kind nicht gelernt hat, berichtete Lisa F.*. „Es ist toll, dass ich es jetzt hier lernen kann“, freut sich die junge Frau, die an einem Radfahrkurs für Geflüchtete teilgenommen hat, der von der AWO Region Hannover organisiert und von der Ricarda und Udo Niedergerke Stiftung gefördert wurde. F. ist aus einem afrikanischen Land geflüchtet und wohnt derzeit wie auch die anderen Teilnehmenden des Kurses in der AWO Geflüchtetenunterkunft in Höver. Mit einer Spende von 800 Euro wurde der Kurs finanziert und er fand im Innenhof einer Gemeinschaftsunterkunft in Hannover in Zusammenarbeit mit der Landeshauptstadt statt. „Dieser geschützte Raum ermöglicht es den Teilnehmer*innen, in sicherer Umgebung das Radfahren zu lernen“, sagte Philine Mauricio-Tampe, die Leiterin der AWO Einrichtung.
Los ging es für die zehn Teilnehmenden auf einem Roller. „Wir üben jetzt mit euch, das Gleichgewicht zu halten“, erklärte Marion Domnick, Fahrradlehrerin des Allgemeine Deutsche Fahrrad-Clubs (ADFC). Der Vorteil: Wenn es mal nicht klappt und man umzukippen droht, kann man schnell absteigen. Nach diesem im wahrsten Sinne des Wortes niedrigschwelligen Einstieg wechselten die Teilnehmenden auf Räder ihrer Wahl. Manche wählten gleich ein größeres Rad, andere ein Klapprad. Dominick hatte einen ganzen Anhänger voller Räder zur Auswahl mitgebracht.
Anfahren, Bremsen, Kurvenfahren: Die Teilnehmenden legten schnell ihre anfängliche Unsicherheit ab und umrundeten zunehmend souverän die von Domnick aufgestellten Kegel und wichen Hindernissen aus. „Das macht wirklich viel Spaß“, sagte F., die sich sehr auf ihre neue Möglichkeit der Mobilität im Alltag freut. „Wenn die öffentlichen Verkehrsmittel nicht fahren, kann ich zukünftig das Rad nehmen.“ Bereits jetzt bedeute das Radfahren eine schöne Abwechslung und Stressabbau für sie. Eine andere Teilnehmerin berichtete, dass sie in ihrem Herkunftsland als Frau keine Gelegenheit hatte, das Radfahren zu lernen, da gesellschaftliche Normen und Vorstellungen es nicht zuließen. „Hier in Hannover kann endlich meinen Wunsch aus Kindheitstagen verwirklichen“, sagte sie.
„Jede und jeder sollte Fahrradfahren können“, betonte Ricarda Niedergerke, die zusammen mit ihrem Mann die Stiftung leitet. „Es macht Spaß, und ist gesund, denn es stärkt Muskeln und Kreislauf, es ist gelenkschonend und man sieht viel mehr von der Umwelt.“ Ihr Mann Udo Niedergerke ergänzte: „Radtouren in der Gruppe fördern zudem die Zusammengehörigkeit und bedeuten Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.“ Die Stiftung plant bereits, weitere Kurse zu unterstützen. „Perspektivisch könnte man überlegen, Fahrräder zu spenden, die in der Fahrradwerkstatt der Organisation ‚Asphalt‘ geprüft werden“, so Udo Niedergerke.
Domnick erklärte den Teilnehmenden außerdem Verkehrsregeln und der Kurs endete mit einer gemeinsamen Radtour durch die Stadt.
*Name geändert
Text & Fotos: Christian Degener/AWO