Region Hannover/ Hannover- Mühlenberg. Im Stadtteil Mühlenberg gibt es einen neuen, sicheren Ort für Kinder: Das Bunte Haus am Stauffenbergplatz, das die Gemeinwesenarbeit Mühlenberg der Landeshauptstadt Hannover und den Internationalen Elterntreff der AWO Region Hannover beherbergt, ist jetzt eine Kinder:Schutzinsel. Polizeihauptkommissarin Michaela Schneider, die die Initiative im Niedersächsischen Innenministerium betreut, brachte das markante Projekt-Logo an der Eingangstür an – als sichtbares Zeichen, dass Kinder in Not dort jederzeit Hilfe finden können.
Das Konzept der Kinderschutzinseln verfolgt eine klare Mission: Im Alltag sollen überall – ob in Schulen, Friseursalons oder Tankstellen – sichere Zufluchtsorte für Kinder und Jugendliche geschaffen werden. Diese Inseln bieten Schutz und Unterstützung, wenn Kinder in schwierigen Situationen Hilfe benötigen oder sich unsicher fühlen. „Unser Ziel ist es, sie schon früh für die Bedeutung der Kinder:Schutzinseln zu sensibilisieren“, erklärt Schneider. „Bereits in Kindergärten und Grundschulen lernen sie, das Logo zu erkennen und zu wissen, dass sie sich jederzeit dorthin wenden können.“ Um dies zu gewährleisten, werden die Logos bewusst in einer Höhe von etwa einem Meter angebracht, sodass auch die Kleinsten sie leicht finden können. „Selbst wenn sie noch nicht lesen können, ist das Symbol so gestaltet, dass es ihnen sofort vertraut erscheint und Orientierung bietet“, betont Schneider.
Das Bunte Haus in Mühlenberg ist jetzt die erste Kinder:Schutzinsel im Stadtteil. Helga Wedel von der Gemeinwesenarbeit Mühlenberg hatte den Kontakt zu Schneider initiiert. „Im Stadtteil wohnen überdurchschnittlich viele Kinder. Mit dem Aufkleber an der Eingangstür signalisieren wir Kindern „Hier bist du sicher!“ und setzen ein Zeichen gegen Gewalt und Übergriffe an Kindern.“
„Wir freuen uns sehr, Teil dieses Netzwerks zu sein“, sagt Viktoria Podolskiy, Leiterin des Internationalen Elterntreffs der AWO. „Das Bunte Haus war schon immer ein Ort, an dem Menschen Hilfe bekommen. Und jetzt wissen auch die Kinder: Wenn sie sich unsicher fühlen, sind wir für sie da.“ In Mühlenberg seien viele Kinder eigenständig unterwegs. „Deshalb ist es umso wichtiger, dass sie einen sicheren Rückzugsort haben“, betont Podolskiy. Das Bunte Haus sei dafür ideal: zentral gelegen, barrierefrei und mit geschultem Personal ausgestattet.
Das Netzwerk der Kinder:Schutzinseln wachse kontinuierlich und ist offen für verschiedenste Akteure, betont Schneider. Die Teilnahme ist kostenlos und der Nutzen sei immens: Durch die weite Verbreitung des Logos und die kontinuierliche Präsenz in vielen öffentlichen Räumen steige das Bewusstsein für den Schutz der Kinder in der Gesellschaft. „Unser Ziel ist es, die Kinderschutzinseln bundesweit zu einem festen Bestandteil des Alltags zu machen“, so Schneider. „Es geht darum, dass wir als Gesellschaft wieder mehr aufeinander achten und Kinder wissen, wo sie Hilfe finden können.“
Dabei müsse niemand in Gefahrensituationen den Helden spielen. Vielmehr gehe es darum, aufmerksam zu sein, Hilfe zu rufen und den Kindern zu zeigen, wo sie Schutz finden. „Wenn man selber kein Handy dabei hat, gibt es in einer Kinder:Schutzinsel immer die Möglichkeit, die Polizei oder die Eltern zu verständigen.“ Mögliche Situationen, in denen Kinder Hilfe benötigen, können vielfältig sein. Schneider nennt Beispiele aus der Praxis: Ein Kind, das nach einer Fahrradpanne in Not geriet, weil er seine Eltern aufgrund eines leeren Handy-Akkus nicht erreichen konnte, fand in einer Kinder:Schutzinsel die notwendige Unterstützung. Ein anderes Kind, dessen Tanzkurs unerwartet ausfiel, konnte ihre Mutter nicht informieren und hatte in einer nahegelegenen Kinder:Schutzinsel einen geschützten Ort, an dem sie beruhigt auf ihre Abholung warten konnte.
Um eine Kinder:Schutzinsel zu werden, muss eine Einrichtung bestimmte Voraussetzungen erfüllen. So kann Schneider auch polizeiliche Führungszeugnisse der Mitarbeitenden einfordern. Zudem gibt es eine Schulung, die die Verhaltensregeln vermittelt. Zum Beispiel dürfen Kindern keine Lebensmittel angeboten werden, um mögliche Allergien zu vermeiden, und die Helfenden müssen mit den Kindern immer im öffentlichen Bereich der Einrichtung bleiben. Ziel ist es, dem Kind zuzuhören, Empathie zu zeigen und die Eltern oder, wenn nötig, die Polizei zu kontaktieren. Es gehe nicht darum, psychologische Betreuung zu leisten, betont Schneider. „Wir wollen einfach ein Bindeglied zwischen dem Kind und seinen Eltern oder den Rettungskräften sein. Niemand muss Angst vor Überforderung haben.“
Podolskiy hofft, dass sich weitere Einrichtungen im Stadtteil dem Projekt anschließen. „Je mehr Anlaufstellen es gibt, desto sicherer fühlen sich die Kinder in unserer Nachbarschaft.“
Text & Foto: Christian Degener/AWO