Region Hannover/Hannover-List. Stolz haben jetzt 15 Kinder der AWO Kita Gorch-Fock-Straße ihre Abschlussurkunden im Rahmen des Bildungsprogramms „Rucksack KiTa“ entgegen genommen. „Es ist einfach ein großartiges Programm, das kann man nicht oft genug betonen“, sagt Sabine Stassig, die das Projekt als AWO-Koordinatorin begleitet. „Rucksack KiTa“ zielt darauf ab, Kinder aus mehrsprachigen Familien in ihren Deutschkenntnissen zu stärken, während gleichzeitig die Muttersprache der Eltern gefördert wird. Das Programm, ursprünglich in den Niederlanden entwickelt, wurde Mitte der 1990er Jahre in Nordrhein-Westfalen eingeführt und findet seit 2005 auch in Hannover Anwendung. Die AWO arbeitet hier in enger Kooperation mit der Stadt Hannover und setzt das Programm in elf Familienzentren und Kindertagesstätten um, mit dem Ziel, Teilhabe sowie Bildungs- und Chancengleichheit zu fördern.
Eine Schlüsselrolle im Programm spielen die mehrsprachigen Elternbegleiterinnen. Sie unterstützen die Familien durch wöchentliche Treffen und helfen bei der Durchführung von Übungen, die sowohl in der Kita als auch zu Hause umgesetzt werden. Diese Treffen bieten den Eltern zudem wertvolle pädagogische Anregungen und stärken ihre Erziehungskompetenz. Aicha Waza, die seit drei Jahren als Elternbegleiterin tätig ist, ist begeistert von ihrer Arbeit: „Ich packe den Kindern sozusagen einen symbolischen Rucksack, den sie zwischen Kita und Elternhaus hin- und hertragen – gefüllt mit Übungen und Anregungen.“ Die Materialien sind in 16 Sprachen verfügbar, was den Familien die Nutzung ihrer Muttersprache ermöglicht und das Programm besonders inklusiv macht.
Im Kita-Alltag behandeln die pädagogischen Fachkräfte dieselben Themen auf Deutsch, die die Eltern zu Hause in ihrer Muttersprache besprechen. Themen wie „Familie“ oder „Jahreszeiten“ werden durch praktische Übungen, beispielsweise gemeinsames Einkaufen, ergänzt und vertieft, berichtet Saskia Tan, pädagogische Fachkraft der AWO Kita. Sie ist für die Angebote für die Kinder verantwortlich und wird aus Rucksackmitteln der Landeshauptstadt Hannover finanziert. Waza trifft sich zudem einmal wöchentlich mit den Eltern, um Erfahrungen auszutauschen und neue Impulse zu geben.
Hari Krishnan, der vor zwei Jahren aus Indien nach Deutschland kam, nahm mit seinem Sohn am Programm teil und berichtet stolz: „Mein Kind hat ganz schnell das Zählen gelernt.“ Für ihn selbst seien die Elterntreffen sehr hilfreich gewesen: „Ich habe viel darüber gelernt, wie ich mein Kind bestmöglich unterstützen kann.“ Ähnlich äußert sich Salar Sheko, die mit ihren zwei Kindern teilnahm: „Ihre Deutschkenntnisse haben sich rasant verbessert. Besonders für Eltern, die nicht in Deutschland geboren wurden, ist das Programm sehr wertvoll.“
Auch Günes Kayabasi, Leiterin der AWO Kita Gorch-Fock-Straße, lobt das Programm: „Rucksack KiTa ist ein hervorragendes Instrument, um Eltern frühzeitig an das Bildungssystem heranzuführen. Die anfängliche Zurückhaltung weicht schnell einer aktiven Teilnahme, und die Eltern fühlen sich ermutigt, alle Fragen zu stellen, die ihnen auf dem Herzen liegen.“ Die positiven Effekte des Programms sind im Kita-Alltag deutlich spürbar: „Die Kinder verbessern ihre Sprachkenntnisse und sind optimal auf die Schule vorbereitet. Besonders bei den Schuleingangsuntersuchungen wird das immer wieder bestätigt“, ergänzt Stassig.
Das Programm betont zudem die Bedeutung von Mehrsprachigkeit und kultureller Vielfalt als wertvolle Ressourcen. „Dieser Ansatz stärkt nicht nur die sprachlichen Fähigkeiten der Kinder, sondern auch ihr Selbstbewusstsein“, so Kayabasi. „Die Kinder erleben Zweisprachigkeit als Vorteil und werden darin bestärkt, sich offen und neugierig auf andere einzulassen.“
Hiba Ismail, die mit ihrer fünfjährigen Tochter teilnahm, ist ebenfalls begeistert: „Meine Tochter hat innerhalb eines Jahres so schnell Deutsch gelernt“, freut sich Ismail. „Leider habe ich erst kürzlich von ‚Rucksack KiTa‘ erfahren, sonst hätte ich auch schon mit meinen anderen Kindern teilgenommen.“ Ihre Begeisterung für das Programm ist so groß, dass sie nun selbst Elternbegleiterin werden möchte.
Text & Foto: Christian Degener/AWO