Region Hannover/Hannover-Linden. Einmal in der Woche duftet es in der AWO Familienbildung nach frisch gekochtem Mittagessen. Die Kolleginnen freuen sich, wenn Gregor montags für sie kocht. Dann stehen zum Beispiel Kartoffelgratin, Gemüsepfanne oder Pizza auf dem Speiseplan. Essen zubereiten, ist eine der Aufgaben, die Gregor übernommen hat. Am liebsten aber putzt er Fenster und macht Küchen sauber. Ein Jahr lang war er Teil des Teams der Familienbildung und wurde dabei von Meike Förthmann im Rahmen eines Modellprojekts begleitet.
Gregor ist 19 Jahre alt und nimmt an einem Modellprojekt der Region Hannover teil. Es heißt „Inklusiver Übergang Schule-Beruf“. Ziel ist es, Einblicke in den Berufsalltag zu geben und berufliche Perspektiven zu erproben. Kooperationspartner des Projekts ist der Verein Down-Syndrom Hannover e.V. Die Teilnehmenden aus dem Projekt arbeiten an zwei Tagen in der Woche in einem Betrieb und besuchen an den anderen Tagen die Berufsbildende Schule. Gregor war montags, dienstags und freitags bei der AWO im Einsatz – jeweils fünf Stunden am Tag.
„Die Eltern von Gregor haben sich an mich gewandt und gefragt, ob ihr Sohn hier ein Praktikum machen könne beziehungsweise wir ihm einen Tätigkeitsplatz anbieten können“, erzählt Beate Kopmann, Leiterin der AWO Familienbildung. „Ich hatte mich zuvor auf einem Elternabend des Vereins Down-Syndrom Hannover über das Projekt informiert und fand die Idee, jungen Menschen mit Unterstützungsbedarf den Weg in den Beruf zu erleichtern, sehr sinnvoll.“
Dass der Einstieg für Gregor nicht ganz leicht war, erzählt Meike Förthmann, die bei der Mosaik gGmbH arbeitet und als qualifizierte Assistenz Gregor während des Projekts unterstützt. „Gerade zu Beginn war es anstrengend für ihn, sich an die Lautstärke im Haus, die vielen Menschen und das Arbeiten am Stück zu gewöhnen. Aber Gregor hat Fortschritte gemacht – er kann heute gut mit Unterbrechungen umgehen, macht bewusst Pausen, bleibt ruhig und konzentriert.“
Gregor selbst sagt: „Ich habe die Kaffeemaschine ganz ordentlich sauber gemacht. Manchmal war es auch ein bisschen Durchhalten, weil es anstrengend war.“ Aber das Fensterputzen habe ihm richtig Spaß gemacht – und auch das Kochen. „Gemüse schneiden und Kaffeespuren wegwischen – die müssen weg, das stört mich“, sagt er mit einem Lächeln. Dass er dabei von Meike begleitet wurde, war für ihn wichtig. „Meike war immer hier, und das war gut.“
Im Laufe des Jahres wuchs Gregor nicht nur in seine Aufgaben hinein – auch seine Selbstständigkeit nahm zu. „Anfangs habe ich Gregor morgens abgeholt, wir sind zusammen mit der Bahn gefahren“, erzählt Meike. „Jetzt macht er den Weg schon fast allein. Ich bin nur noch sein Schatten.“
Neben seiner Tätigkeit in der Familienbildung hat Gregor eine Praktikumsmappe geführt, Rechenübungen in der Berufsschule gemacht – und konkrete berufliche Pläne entwickelt: Er würde gerne als Reinigungskraft arbeiten. Ein Praktikum bei Jobwärts Hannover, einem Inklusionsbetrieb, hat er bereits absolviert.
Am 2. Juli 2025 war Gregors letzter Praktikumstag bei der AWO. Zum Abschied hat er mit Meike einen Kuchen gebacken – und gemeinsam mit den Kolleginnen zu „We will rock you“, eines seiner Lieblingslieder geklatscht. Rhythmus und Musik, sagt Meike, seien etwas, das Gregor besonders möge – vielleicht auch, weil er selbst einen so klaren eigenen Rhythmus gefunden hat.
Was Gregor aus dem Jahr mitnimmt? „Ich habe viel gelernt.“ Und, ob er traurig ist? „Es passt schon.“ Meike ergänzt: „Gregor guckt immer nach vorne. Er freut sich auf Neues und hat Lust, weiterzugehen.“
„Gregor war eine echte Bereicherung“, sagt Beate Kopmann. „Und dass wir einmal in der Woche ein warmes Mittagessen hatten, hat den Kolleginnen ebenfalls gefallen.“
Text & Foto: Gaby Kujawa/AWO