Region Hannover/ Wennigsen. „Es ist beeindruckend, wie kleine Veränderungen in der Kommunikation eine große Wirkung auf die Entwicklung der Kinder haben können“, sagt Leonarda Galic, Teilnehmerin der kürzlich abgeschlossenen Marte Meo Fortbildung in der AWO Kindertagesstätte Marie-Juchacz-Straße in Wennigsen. Gemeinsam mit ihren Kolleginnen und Kollegen hat sie an dem sechsmonatigen „Practitioner“-Kurs teilgenommen, der von der Marte Meo Supervisorin Carina Caspar geleitet wurde.
Die Marte Meo Methode wurde in den 1980er Jahren von der Niederländerin Maria Aarts entwickelt und wird heute weltweit in rund 47 Ländern eingesetzt – auch in vielen Einrichtungen in Deutschland. Der Name „Marte Meo“ bedeutet sinngemäß „etwas aus eigener Kraft erreichen“ und beschreibt das Ziel der Methode: Kinder und auch Erwachsene in ihrer Entwicklung zu unterstützen, indem alltägliche Situationen genutzt werden, um Kompetenzen zu fördern.
“Was braucht das Kind heute für die Welt von morgen? Kinder stark machen fürs Leben, lautet das Ziel der Methode”, erklärt Supervisorin Caspar. Die Methode basiert auf der Analyse kurzer Videosequenzen aus dem Alltag – zum Beispiel Spielsituationen, Übergänge oder Gespräche zwischen Kindern und Fachkräften. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage: Was braucht das Kind gerade, um in seiner Entwicklung einen Schritt weiterzukommen? Die Teilnehmenden lernen, mit gezieltem Blick auf Kommunikation und Interaktion zu schauen, die individuellen Bedürfnisse der Kinder wahrzunehmen und passende Impulse zu geben. “Marte Neo lässt sich sehr gut in unser bestehendes pädagogisches Konzept integrieren”, erklärt Kitaleiterin Kerstin Siegert. Besonders im Umgang mit herausfordernden Kindern helfe die Methode, weil sie aufzeige, welche Entwicklungsbotschaft hinter dem Verhalten stehen kann. „Wir wollten, dass das gesamte Team daran teilnimmt, damit wir eine gemeinsame Haltung entwickeln und alle Kolleginnen mit denselben Werkzeugen arbeiten können.“
Die Schulung wurde durch das Team Tagesbetreuung für Kinder der Region Hannover organisiert und im Rahmen der Sprachförderinitiative des Landes Niedersachsen finanziert. Grundlage ist § 31 des Niedersächsischen Kita-Gesetzes (NKiTaG), das besondere Finanzhilfen zur Sicherstellung der alltagsintegrierten Förderung sprachlicher Kompetenzen vorsieht. Einrichtungen können über dieses Programm gezielt Fortbildungen wie den Marte Meo Kurs vor Ort buchen oder an zentralen Angeboten teilnehmen.
Im Verlauf der Schulung wurden insgesamt sechs Fortbildungstage absolviert, ergänzt durch einen freiwilligen Wochenendtermin. Das Team erhielt im Anschluss das international anerkannte Zertifikat zum „Marte Meo Practitioner“. „Ich habe mein Wissen vertieft, wie ich durch eine positive und wertschätzende Kommunikation das Selbstbewusstsein der Kinder fördern kann“, berichtet Leonarda Galic. „Zudem hat die Methode meine Selbstreflexion gestärkt. Ich sehe meine eigene Arbeit mit neuen Augen.“
Die Marte Meo Methode ist praxisnah und sofort umsetzbar – ohne zusätzlichen Aufwand oder spezielle Materialien. Stattdessen nutzt sie den Kita-Alltag selbst als Grundlage. „Jeder Moment kann ein Entwicklungsmoment sein“, so das Konzept. Durch das bewusste Beobachten alltäglicher Situationen wird der Blick der Fachkräfte geschärft. So entstehen sogenannte Kontaktmomente, die dem Kind Bestätigung geben und damit seine Selbstwirksamkeit fördern.
Diese positiven Momente stärken nicht nur das einzelne Kind, sondern wirken sich auch auf das Gruppengeschehen aus. „Wenn ein Kind sich gesehen und verstanden fühlt, kann es leichter Beziehungen aufbauen und sich auf Lernprozesse einlassen“, erklärt Siegert. Besonders im mehrsprachigen Kontext oder bei Kindern mit besonderem Unterstützungsbedarf biete Marte Meo konkrete Anhaltspunkte, wie Entwicklung im Alltag begleitet werden kann – ohne Druck, aber mit klarer Orientierung.
Auch für die Zusammenarbeit mit Eltern liefert Marte Meo hilfreiche Impulse. Statt sich auf Probleme zu konzentrieren, geht es darum, Eltern konkrete Möglichkeiten aufzuzeigen, wie sie ihre Kinder zu Hause in ihrer Entwicklung unterstützen können. Die Methode setzt dabei bewusst auf das Prinzip der Einladung: nicht erklären, was falsch läuft, sondern zeigen, was hilfreich sein kann. Die Fortbildung war für das Team der AWO-Kita Marie-Juchacz-Straße nur der erste Schritt. Weitere Aufbaukurse sind möglich – doch schon die erste Stufe hat nachhaltige Wirkung gezeigt. „Wir haben einen neuen Blick auf unsere Arbeit gewonnen“, so die einhellige Rückmeldung aus dem Team.
Foto & Text: Christian Degener/AWO