Region Hannover/ Hannover. Es ist ein abwechslungsreicher und spannender Job, der sehr viel Spaß macht, aber die Rahmenbedingungen der Ausbildung könnten noch weiter verbessert werden: Diesen Appell richteten zwei Erzieher*innen in der Weiterbildung an die niedersächsische Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne), die jetzt das AWO Familenzentrum Bergfeldstraße besucht hat. Anlass war die „Woche der beruflichen Bildung“, in der die Ministerin verschiedene Einrichtungen und Unternehmen besucht. Den Termin organisiert hatte die Alice-Salomon-Schule, die berufsbildende Schule für Gesundheit und Soziales in der Region Hannover.
„Wäre ich eine alleinerziehende Mutter. hätte ich die Weiterbildung zur Erzieherin wegen der finanziellen Hürden nicht gemacht“, berichtete Shokraneh Mafi, die sozialpädagogische Assistentin ist und ihre Erzieherinnen-Weiterbildung im Sommer abschließen wird. Zwar arbeite man eine halbe Stelle bei der berufsbegleitenden Ausbildung und bekomme entsprechend Gehalt, aber das reiche kaum aus, um die Lebenshaltungskosten zu finanzieren. „Viele machen die berufsbegleitende Weiterbildung nach Jahren in ihrem Job und müssen dann plötzlich wieder mit viel weniger Geld auskommen – das ist für viele ein Hemmnis“, so Mafi. Weil ihr Mann arbeitet, fiel ihr die Entscheidung nicht schwer. „Mein Mann hilft mir bei der Betreuung unseres Kindes und kocht für uns.“
Michael Küpper, ebenfalls in der dreijährigen Weiterbildung zum Erzieher, hatte zuvor Geographie studiert und sich dann für eine Ausbildung zum sozialpädagogischen Assistenten entschieden. „Ich bin wenig Geld gewöhnt“, sagte er mit einem Augenzwinkern. Die finanziellen Einschränkungen merke er besonders, wenn er sich mit seinen gleichaltrigen Freunden vergleiche. „Ich komme gerade so über die Runden“, so Küpper.
Zusätzlich sei die berufsbegleitende Weiterbildung auch zeitlich eine Herausforderung. „Die eine Hälfte der Woche arbeite ich in der Kita, die andere bin ich in der Schule – und danach muss ich mich auf die Klausuren und Prüfungen vorbereiten. Aber ich bin ja auch Mutter und muss mich um mein Kind kümmern“, berichtete Mafi der Ministerin. Vor dieser Herausforderung stünden alle Alleinerziehenden. „Das ist ein weiteres Hemmnis, warum viele sozialpädagogische Assistenten bleiben und sich nicht zur Erzieheri*in weiterbilden.“
Beide Auszubildenden betonten, dass sie in den AWO Einrichtungen sehr zufrieden sind. „Es ist uns als Träger wichtig, unsere Auszubildenden gut zu begleiten. Deshalb haben wir eine Ausbildungskoordinatorin eingestellt, die sich um alle Belange der Auszubildenden und der Mentor*innen kümmert“, berichtete AWO Personalvorständin Michaela Bräuer. Die Koordinatorin fungiere als Bindeglied zwischen Schule, Kita und den Auszubildenden. „Sie haben die Möglichkeit, das schulische Wissen in die Praxis umzusetzen und werden dabei begleitet und gefördert. Das ist die beste Personalgewinnungsmaßnahme und fördert die Bindung zum Träger“, so Bräuer.
In Zeiten des Fachkräftemangels werden pädagogische Fachkräfte und insbesondere Erzieher*innen händeringend gesucht. Durch die in den vergangenen Jahren vorgenommen Verbesserungen der Rahmenbedingungen konnte die Zahl der Auszubildenden bereits gesteigert werden – der große Fachkräftemangel bleibt aber weiterhin bestehen, da da gleichzeitig immer mehr Kita-Plätze geschaffen werden, um dem Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz gerecht zu werden.
Niedersachsen hat im vergangenen Jahr einen Rekord bei der Ausbildung von Kita-Fachkräften verzeichnet: In 2024 befanden sich 19.200 angehende Erzieherinnen, Erzieher sowie sozialpädagogische Assistent*innen in der Ausbildung, was einer Steigerung gegenüber dem Vorjahr von rund 1.300 und fast 4.000 mehr als 2018 war. Hamburg hatte jüngst Entspannung ab 2028 in Aussicht gestellt, ob sich die Lage bis dahin aber tatsächlich bessere, hänge davon ab, ob neben den Auszubildenden auch mehr Quereinsteiger*innen gewonnen werden. Sollte der Ausbau der Kita-Plätze im aktuellen Tempo weitergehen, könne sich der Fachkräftemangel jedoch auch nach 2028 fortsetzen..
Aus welchem Grund sie sich für den Beruf entschieden haben, wollte die Ministerin von den beiden AWO Auszubildenden wissen. „Die Arbeit mit Kindern macht mir Riesenspaß“, sagte Mafi. Auch Küpper hat seine berufliche Neuorientierung nicht bereut – die pädagogische Arbeit sei genau das Richtige für ihn.
Text & Fotos: Christian Degener/AWO
Das Gruppenfoto zeigt (von links): Auszubildende Shokraneh Mafi, Caroline Jahnke vom regionalen Landesamt für Schule und Bildung in Hannover, Bettina von Itzenplitz, schulfachliche Dezernentin des Landesamtes, AWO Ausbildungskoordinatorin Sina Lehmann, AWO Auszubildender Michael Küpper, AWO Personalvorständin Michaela Bräuer, Ute Eggers, Leiterin der Alice-Salomon-Schule, Benedikt Borker, Abteilungsleiter Fachschule Sozialpädagogik der Schule und Nadine Gnauck, Leiterin des AWO Familienzentrums Bergfeldstraße.