Dirk von der Osten, Vorstandsvorsitzender der AWO Region Hannover, begrüßte die Gäste.

„Schön, dass es uns gibt – schade, dass es uns gibt“

Lehrte: AWO Frauenberatungsstelle Burgdorf, Lehrte, Sehnde, Uetze feierte ihr 20-jähriges Bestehen bei einem Empfang

Region Hannover/ Lehrte. „Die vertrauliche und wohnortnahe Beratung für Frauen hat sich in den vergangenen Jahren als sehr wichtig herausgestellt“, sagt Javelle Neumann, Leiterin der AWO Frauenberatungsstelle Burgdorf, Lehrte, Sehnde, Uetze. Die Einrichtung hat heute ihr 20-jähriges Bestehen bei einem Empfang mit Gästen aus Politik, Verwaltung und Fachkräften der beteiligten Kommunen in ihren Räumen in der Goethestraße 8 in Lehrte gefeiert. Und der Bedarf ist 20 Jahre nach Eröffnung der Beratungsstelle größer denn je: Bis Ende August haben die AWO Mitarbeiterinnen mehr Frauen beraten als im Vorjahr. In Burgdorf, Lehrte und Sehnde stiegt die Zahl der Beratungen insgesamt um mehr als 100, nur in der Gemeinde Uetze war sie gleichbleibend. „Und es kommen immer mehr Frauen zu uns, die Gewalt erlebt haben“, berichtet Neumann. Die Zahl der Frauen, die beim Stellen eines Gewaltschutzantrages begleitet wurden, habe sich sogar verdoppelt.

Die Gründe hierfür seien unklar und lägen in verschiedenen Faktoren, unter anderem in einer entsprechenden Dunkelziffer und einem Verlust an sozialer Kompetenz in der Gesellschaft, vermutet Neumann. „Im besten Fall ist es so, dass die Zahl der Gewaltdelikte gleichgeblieben ist, es aber mehr Frauen schaffen, zu uns in die Beratung zu kommen und deshalb gezählt werden.“ Der schlechteste Fall wäre, dass die Anzahl der Fälle während der Corona-Pandemie gestiegen ist, erklärt Neumann. In dieser Zeit seien viele unterstützende Faktoren wie Vereinsleben oder Sport- und Freizeitaktivitäten weggefallen. Hinzu kommen weitere Belastungen wie gestiegene Armut und oft auch Einsamkeit. Vielleicht habe die soziale Kompetenz so gelitten, dass die Gewaltbereitschaft gestiegen sei.

AWO Präsidentin Dr. Silke Lesemann begrüßte die mehr als 40 Gäste des Empfangs. Die AWO Beratungsstelle im Ostkreis hat sich als wichtige Anlaufstelle für Frauen in Krisensituationen etabliert, betonte Dirk von der Osten, Vorstandsvorsitzender der AWO Region Hannover, in seinen Grußworten. Und durch die Neuaufstellung der Finanzierung vor drei Jahren sei es möglich, in allen beteiligten Kommunen vor Ort und somit niedrigschwellig zu beraten. Von der Osten bedankte ich sich dafür bei der Region Hannover und den beteiligten Kommunen. Die Vielfalt der Angebote – neben der eigentlichen Beratung gibt es eine Rechtsinformation sowie Gruppenangebote zu Trennung und Scheidung, Frauengesundheit oder Selbstverteidigung zeichne die Arbeit der Einrichtung aus. „Beratung, Prävention und Netzwerkarbeit: Das sind die drei Säulen, auf denen die Arbeit der Beratungsstelle fußt“, betonte der Vorstandsvorsitzende. Auch er wies darauf hin, dass der Beratungsbedarf von Frauen in Krisen steige und bedankte sich bei den AWO Mitarbeiterinnen für ihre geleistete Arbeit.

Petra Mundt, Gleichstellungsbeauftragte der Region Hannover, bezeichnete die Beratungsstelle als „einen Ort und Ermutigung, der Frauen an ganz unterschiedlichen Stellen hilft, ihr Leben zu bewältigen“. Die Einrichtung habe vielen Frauen in den vergangenen 20 Jahren aus akuten Notlagen befreit. Und sie präge die Gesellschaft vor Ort und schaffe auch durch Vernetzung und Präventionsarbeit „ein Bewusstsein für die Realitäten, in denen Frauen leben, und die nicht immer alle sehen (wollen).“

Petra Pape, Gleichstellungsbeauftragte und Koordinatorin des Bündnisses für Familien in Burgdorf, ging in ihren Grußworten auf die Anfänge der Beratungsstelle ein. Nach Inkrafttreten des neuen Gewaltschutzgesetzes trafen sich die Frauenbeauftragten in der Region Hannover im Juli 2002, um über die Umsetzung zu beraten. Mit dem Ziel, einen regionalen Aktionsplan zu erarbeiten. Pape und die drei anderen Frauenbeauftragten Ute Bertram, Gitta Bührich, Monika Sommer forderten daraufhin eine Frauenberatungsstelle für die vier Kommunen im Ostkreis und wurden fortan als „der Konspirative Ostkreis“ betitelt, wie sich Pape mit einem Schmunzeln erinnerte. Mit Erfolg: Die Region Hannover stellte eine Förderung für zunächst drei Jahre in Aussicht, so dass die Beratungsstelle für den Ostkreis nach nur einem Jahr Planungszeit am 1. Juli 2003 mit einer halben Stelle an den Start gehen konnte. „Im Namen der Gleichstellungsbeauftragten gratuliere ich ganz herzlich zum 20jährigen Bestehen und danke der AWO für die gute und kooperative Zusammenarbeit“, sagte Pape.

Stadträtin Marion Lange überbrachte Glückwünsche im Namen der Stadt Lehrte, aber auch der drei anderen Kommunen. Sie betonte, wie sehr die Kommunen die Arbeit der AWO Einrichtung schätzen und verwies darauf, dass der Vertrag für die Zuwendungen unbefristet ist. „Die Beratungsstelle ist hier fest verwurzelt und eine echte Institution.“ Auch Lange nannte Zahlen – von den 230 Frauen, die im Jahr 2022 Rat gesucht haben, waren 71 von ihnen von häuslicher Gewalt betroffen. Auch sie zeigte sich erschrocken über diese Zahlen. 

„Schön, dass es uns gibt – schade, dass es uns gibt bzw. geben muss“, betonte Neumann. Sie verwies auf eine erschreckende aktuelle Studie von Plan International, wonach ein Drittel aller Männer zwischen 18 und 25 Jahren Gewalt gegen Frauen als etwas normales ansehen. Für die Zukunft wünscht sich die AWO Einrichtungsleiterin, dass die Hemmschwelle für Frauen, Hilfe in Anspruch zu nehmen, noch weiter sinkt: „Wir haben viele Frauen, die schon länger mit dem Gedanken spielen, eine Beratung in Anspruch zu nehmen, bevor sie sich tatsächlich auf den Weg machen.“

Zum Hintergrund:

Die Angebote des Fachbereichs Frauen der AWO Region Hannover richten sich an alle Frauen. Insbesondere von häuslicher Gewalt Betroffene finden Beratung, Unterstützung und Schutz in Krisensituationen. Die AWO ist Träger von mehreren Frauenberatungsstellen, von zwei Frauenhäusern und stellt den Frauen nach dem Auszug aus dem Frauenhaus Übergangswohnungen zur Verfügung.

Text & Fotos: Christian Degener/AWO

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